KOF Prognosetagung 2018: Die nächste Krise kommt bestimmt…

Zehn Jahre sind seit der Finanzkrise vergangen. Seitdem wurde einiges getan, um das Finanzsystem stabiler zu machen. An der diesjährigen KOF Prognosetagung zeigten Aymo Brunetti, Oswald Grübel und Jan-Egbert Sturm in ihren Vorträgen und der anschliessenden Diskussion aber auf, dass es erneut hohe Risiken gibt. Einig waren sie sich aber auch darin, dass die nächste Krise nicht bereits vor der Tür steht.

Prognosetagung
Moderatorin Susanne Giger im Gespräch mit KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm (Foto: Tom Kawara)

Die Finanzkrise, die 2008 mit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers begann, weitete sich in den Folgejahren zu einer weltweiten Wirtschaftskrise aus. Die Volkswirtschaften vieler Länder glitten in eine Rezession und in Europa grassierte die Eurokrise. Zehn Jahre sind seither vergangen – Zeit eine Bilanz zu ziehen und zu schauen, wie gut gewappnet die Schweiz und andere Länder gegen neue Krisen sind. Dies hat die KOF an der jährlichen KOF Prognosetagung mit den Referenten Volkswirtschaftsprofessor Aymo Brunetti und Ex-Banker Oswald Grübel sowie KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm getan.

Podiumsdiskussion
Podiumsdiskussion moderiert von Susanne Giger mit Jan-Egbert Sturm, Oswald Grübel und Aymo Brunetti (vlnr). (Foto: Tom Kawara)

Schweizer Wirtschaft blickt trotz hoher Risiken soliden Zeiten entgegen

Zu Beginn der Tagung im Konferenzzentrum Grünenhof der UBS präsentierte Jan-Egbert Sturm die jüngste Prognose der KOF bis Ende 2020 und zeigte diese im Kontext der Ereignisse seit 2008. Die Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz bis Ende 2020 zeigt, dass die Schweiz vorerst wirtschaftlich soliden Zeiten entgegenblicken kann trotz deutlich gestiegener Risiken wie dem Handelskonflikt zwischen den USA und China, den hohen Staatsschulden Italiens und dem Brexit. Sturm zeigte aber auch, dass sich Europa noch immer nicht vollständig von den Nachwehen der Krise erholt hat. Die Nachfrage verschiedener Bereiche ist im Euroraum weiterhin deutlich unter dem Niveau vor 2009. In den USA liegt das Niveau bereits wieder deutlich oberhalb jenem vor 2009. Für Grübel ein Zeichen, dass die Politiker in den USA ein besseres Verständnis für die Wirtschaft haben als in Europa.

Als ein grosses Risiko sehen die Referenten unisono die hohe Liquidität und die grossen Ungleichgewichte an. Brunetti formulierte es in seinem Referat als «einen Ozean an Liquidität und einen Himalaya an Schulden». Seit dem Jahr 2008 hat sich die Bilanz der Schweizerischen Nationalbank verneunfacht. Somit geht für Aymo Brunetti auch die grösste Gefahr von der Geldpolitik aus. Mit der Anhebung der Zinsen würde das Pulverfass der hohen Liquidität aber Löffel für Löffel abgeschöpft, war sich Jan-Egbert Sturm sicher. Aber dennoch ist das Pulverfass weiterhin gut gefüllt. Für Sturm ist es ein gutes Signal, dass die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen nun erhöht hat. Oswald Grübel wies in seinem Vortrag darauf hin, dass die Schweiz mit der Schuldenbremse über ein Instrument verfügt, das hilft, Krisen zu vermeiden und Stabilität zu schaffen.

Hinsichtlich dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz – den Ländern des Euroraums – wiesen sowohl Sturm als auch Brunetti in ihren Vorträgen daraufhin, welch gravierenden Folgen eine erneute Eurokrise aufgrund der sehr hohen Staatsschulden Italiens, ein Wiederaufflammen der Eurokrise, oder sogar ein Ausscheiden Italiens aus dem Euroraum, ein Italexit, hätten.

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Oswald Grübel (Foto: Tom Kawara)

Niedrige Zinsen – zwei Seiten einer Münze

Oswald Grübel zeigte aber auch einen Vorteil der niedrigen Zinsen auf: Start-ups hätten es in den letzten Jahren dadurch sehr viel leichter gehabt Investoren anzuziehen als in Zeiten hoher Zinsen. Dass die Zeiten niedriger Zinsen noch einige Jahre andauern werden, davon ging die Mehrheit der rund 130 Teilnehmer aus, wie eine kurze Publikumsumfrage von Moderatorin Susanne Giger, ehemals Wirtschaftsjournalistin bei Radio SRF, zeigte.

Trotz aller Ungleichgewichte auf den Geld- und Finanzmärkten ist für Volkswirtschaftsprofessor Brunetti die demografische Entwicklung für die Schweiz der wichtigste Punkt, der ohne Anpassungen in den Renten – und Sozialsystemen zu Jahren mit negativen Wirtschaftswachstum führen wird.

Prognosetagung
Aymo Brunetti im Gespräch mit Moderatorin Susanne Giger (Foto: Tom Kawara)

Die nächste Krise kommt. Irgendwann. Da waren sich die drei Referenten Aymo Brunetti, Oswald Grübel und KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm einig. Denn wie Susanne Giger zu Beginn der Veranstaltung den verstorbenen Bankier Hans Vontobel zitierte: «Jede Generation braucht ihre Krise». Und auch Oswald Grübel befand, dass es Bankenkrisen geben wird, solange es Banken gibt. Prof. Aymo Brunetti war der Ansicht, dass die nächste Krise, wenn es eine Bankenkrise wäre, wohl besser verarbeitet werden würde als die letzte Krise, weil über die angepassten Regulierungen heute mehr Sicherheiten eingebaut sind als damals.

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