Wenig Mobilität der Bevölkerung

Die behördlichen Restriktionen und die Zurückhaltung der Bevölkerung schränkten die Aktivitäten der Schweizerinnen und Schweizer im Winter deutlich ein. Seit Februar sind sie wieder aktiver, das Niveau ist aber noch deutlich von dem vor der Krise entfernt.

ÖV

Zum Ende des vergangenen Jahres brach das Aktivitätsniveau über die Feiertage aufgrund des Shutdowns deutlicher ein als es durch den Feiertagseffekt zu erwarten gewesen wäre. Auch zu Beginn des neuen Jahres blieb die Aktivität der Schweizer Bevölkerung auf relativ niedrigem Niveau, da Mitte Januar die Home-Office-Pflicht und die Schliessung aller Läden für Güter des nicht-täglichen Bedarfs eingeführt wurde. Mit den Sportferien im Februar nahm die Freizeitaktivität zu, was sich in einem Anstieg des KOF Aktivitätsindikators widerspiegelte. Nach den Ferien sank das Aktivitätsniveau wieder und pendelt derzeit ziemlich genau zwischen dem Vorkrisenniveau und dem strikten Lockdown vor einem Jahr.

Der KOF Aktivitätsindikator zeigt die gemeinsame Tendenz von ausgewählten täglichen Zeitreihen, die das Bewegungs- und Konsumverhalten der Schweizer Bevölkerung widerspiegeln (siehe Abbildung 1). Dazu gehören unter anderem das Verkehrsaufkommen im Individualverkehr, die Nutzung des öffentlichen Verkehrs, Handy-Bewegungsdaten, Internet-Suchabfragen, Bargeldbezüge, Debitkarteneinsätze, Flugbewegungen und die Nutzung von OnlinePlattformen.
 

Grafik 1: KOF Aktivitätsindikator

Verkaufsaktivität hat sich wieder belebt

Hinsichtlich des Konsumverhaltens waren im Sommer deutliche Nachholeffekte zu verzeichnen, und auch das Weihnachtsgeschäft verschaffte dem Subindikator «Verkaufsaktivität» einen deutlichen Auftrieb (siehe Abbildung 2). Die Schliessung von Restaurants und vielen Geschäften liess den Verkaufsindikator Ende des Jahres jedoch deutlich absacken. Mit der Öffnung der meisten Geschäften setzte anfangs März wieder eine Belebung ein.
 

Grafik 2: Physische Mobilität und Verkaufsaktivität

Mobilität vs. Verkäufe

Das Mobilitätsverhalten zeigt einen ähnlichen Verlauf wie der Verkaufsindikator. Nach einer deutlichen Reduktion zum Jahresende und Beginn des neuen Jahres, waren die Schweizerinnen und Schweizer während den Sportferien wieder häufiger unterwegs und legten längere Distanzen zurück. Dieser aus Abbildung 3 ersichtliche zwischenzeitliche Anstieg der Freizeitaktivität spiegelt sich in einem temporären Anstieg des Mobilitätsindikators. Generell zeigt sich, dass die Freizeitmobilität einen gewichtigeren Beitrag zur Gesamtmobilität der Schweizer Bevölkerung liefert als andere Mobilitätszwecke (siehe Abbildung 3). In der öffentlichen Debatte wird dagegen oft nur auf die Arbeitsmobilität der Bevölkerung, d. h. zum Beispiel das Pendeln zum Arbeitsplatz, fokussiert. Nach Auslaufen der Freizeiteffekte während der Sportferien sank der Mobilitätsindikator wieder und liegt aktuell in der Mitte zwischen dem Vorkrisenniveau und dem Niveau während des strikten Lockdowns im Frühjahr 2020.

Grafik 3: Physische Mobilität nach Zwecken (Durchschnittliche Kilometerdistanz pro Tag)

Mobilitätsverhalten

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Schweizer Bevölkerung deutlich aktiver ist als noch zu Beginn der Pandemie. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass die behördlichen Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie nie mehr so strikt (umgesetzt) waren wie noch im März und April 2020. Hinzu kommt, dass sich die Reaktionen der Bevölkerung auf die Pandemie verändert haben. Einerseits lassen sich die Gesundheitsrisiken besser einschätzen als noch im Frühjahr 2020, was sich positiv auf das Mobilitäts- und Aktivitätsniveau ausgewirkt haben dürfte. Andererseits lassen die seit Herbst 2020 geltenden Schutzkonzepte – wie zum Beispiel die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und in Geschäften – eine erhöhte Aktivität für die Bevölkerung als vertretbar erscheinen.

Das Ziel der Politik sollte sein, wo immer möglich die Pandemie mit Massnahmen einzudämmen, die das Aktivitätsniveau der breiten Bevölkerung nicht einschränken. Dies stützt dann auch die Wirtschaft, wie der wöchentliche BIP-Indikator der KOF zeigt (siehe Abbildung 4). Dieser deutet darauf hin, dass der zweite Lockdown zu deutlich geringeren wirtschaftlichen Einbussen geführt hat als der erste Lockdown. Seit der Wiedereröffnung der Läden anfangs März wächst die Wirtschaft auch bereits wieder.
 

Grafik 4: Wöchentlicher BIP Indikator (WBI) der KOF

KOF WBI

Zu den gezielten Eindämmungsmassnahmen zählen eine schnelle Impfung aller Risikogruppen sowie breit angelegte Teststrategien, z. B. in Schulen. Auch verstärkte Anreize für selbständig durchgeführte Schnelltests könnten hilfreich sein. Angesichts der wieder steigenden Fallzahlen könnten auch punktuelle Eingriffe bei Situationen, in denen es zu Bevölkerungskonzentrationen kommt, angezeigt sein. So scheinen beispielsweise die für eine Eindämmung der Pandemie nötigen Personenabstände im innerstädtischen öffentlichen Verkehr zu Stosszeiten nicht immer gewährleistet zu sein. Eine höhere Taktung auf Hauptverkehrslinien während Stosszeiten könnte hier Abhilfe schaffen.
 

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