KOF Prognosetagung: Experten und Expertinnen diskutieren über die Zukunft der Globalisierung

Wie geht es mit der Globalisierung weiter? Und was sind die Lehren aus der Corona-Pandemie? Darüber sprachen die Referentin und Referenten an der diesjährigen KOF Prognosetagung.

KOF Prognosetagung
Sie diskutierten auf der diesjährigen KOF Prognosetagung über die Zukunft der Globalisierung (von links): Emanuel Probst (CEO JURA Elektroapparate AG), Prof. Dr. Jan-Egbert Sturm (Direktor KOF, ETH Zürich), Dr. Simone Wyss Fedele (CEO Switzerland Global Enterprise) und Moderator Reto Lipp (SRF). Ausserdem wurde Prof. Dr. Ian Goldin (Professor of Globalisation and Development, University of Oxford) per Video zugeschaltet. BILD: DOMJAHN

«Think globally, produce locally. Kommt jetzt ein neues Zeitalter der Globalisierung?»: Das war das Thema der diesjährigen KOF Prognosetagung. Und in einem Punkt waren sich die Referentin und die Referenten einig: Die Globalisierung ist nicht am Ende sie verändert nur ihren Charakter.

Auf die Globalisierung des Handels folgt die digitale und finanzielle Globalisierung

«Die Corona-Pandemie hat viele globale Trends beschleunigt, die Globalisierung aber nicht grundsätzlich verändert», sagte Prof. Dr. Ian Goldin, Professor für Globalisierung und Entwicklung an der Universität Oxford, in seinem Eröffnungsreferat. Während es früher bei der Globalisierung vor allem um den Handel mit physischen Waren gegangen sei, erleben wir heute auch eine digitale Globalisierung sowie eine Globalisierung des Finanzsystems, in dem die Finanzmärkte weit entfernter Regionen zusammenhängen. Es gehe nicht in erste Linie um die Frage ob wir mehr oder weniger Globalisierung brauchen, sondern vor allem darum, wie wir die Globalisierung als Weltgemeinschaft managen und bewältigen. Als grösste Gefahren nannte Goldin den Klimawandel und Cyber-Angriffe. Die Pandemie sei ein Weckruf gewesen, dass wir bei der Globalisierung nicht einfach weitermachen können wie bisher. Die Corona-Krise habe aber auch gezeigt, wie dank der Globalisierung durch internationale Kooperationen schnell Impfstoffe entwickelt und verteilt werden konnten.

Die Schweiz ist stark in den Weltmarkt integriert - und profitiert davon

Prof. Dr. Jan-Egbert Sturm, Direktor der KOF, blickte in seinem Vortrag zunächst auf die Geschichte der Globalisierung. Diese habe von den 1970er-Jahren bis zur Finanzkrise stetig zugenommen, sei dann aber etwas abgeflacht. Die Schweiz habe jedoch immer zu den am meisten globalisierten Ländern der Welt gezählt sowohl wirtschaftlich als auch politisch und sozial. Auch derzeit profitiere die Schweiz stark von der Globalisierung. So sei der Pharmasektor, eine Branche die wesentlich vom Export lebt, im Moment der Motor der Schweizer Industrie. Auch dank des starken Exportsektors geht die KOF von einem Wachstum des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP) von 3.2 Prozent in diesem und 3.6 Prozent im nächsten Jahr aus.

Mehr Diversifikation würde vielen Schweizer Firmen gut tun

Dr. Simone Wyss Fedele, CEO von Switzerland Global Enterprise, betonte ebenfalls die hohe Wichtigkeit der internationalen Wirtschaft für die Schweiz. So würden 40 Prozent des BIPs der Schweiz im Ausland erwirtschaftet. In den USA betrage dieser Wert nur 12 Prozent. Sie riet Schweizer KMUs auch als Lehre aus der Corona-Pandemie, in der Lieferketten teilweise unterbrochen waren sich vor allem bei der Wahl der Produktionsstandorte stärker zu diversifizieren. So sei es zum Beispiel für ein Schweizer Unternehmen unter Umständen sinnvoll, nicht nur in China zu produzieren, sondern noch ein zweites Standbein in Asien zu haben, etwa in Indien oder Vietnam. Auch sei es ein Risiko, nur in Asien Fertigungsstätten zu haben. Firmen sollten stärker darüber nachdenken, in Asien für Asien, aber in Europa für Europa zu produzieren.

Unternehmen brauchen in einer komplexen Welt einen klaren Fokus

Zum Abschluss der Prognosetagung stellte Emanuel Probst, CEO der JURA Elektroapparate AG, die Perspektive eines Schweizer Traditionsunternehmens vor. «Die Globalisierung ist für uns ein Segen», sagte er. So habe der Exportanteil seines Unternehmens zu Anfang der 1990er-Jahre bei gerade einmal 8 Prozent gelegen. Heute beträgt dieser Wert 92 Prozent JURA exportiert in 50 Länder. Der Jahresumsatz sei entsprechend bis heute auf 650 Millionen Schweizer Franken gestiegen. Seine Strategie: Man müsse sich als Unternehmen klar fokussieren, Komplexität reduzieren und nach einfachen Lösungen suchen. Bei seinem Unternehmen sei diese Strategie aufgegangen. Während JURA früher noch Bügeleisen und Küchengeräte herstellte, konzentriert sich das Unternehmen heute nur noch auf das Kerngeschäft mit Kaffeevollautomaten.  

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