Gegen die Investitionsschwäche: ETH-Forscher schlagen Anpassung des COVID-19-Kreditprogramms vor
Die Corona-Krise zeigt sich immer mehr in einer ausgeprägten Investitionsschwäche, die eine Rückkehr zu wirtschaftlicher Dynamik erschwert. Die ETH-Forscher Hans Gersbach, Heiner Mikosch und Jan-Egbert Sturm schlagen deswegen eine Verlängerung des COVID-19-Kreditprogramms, mit einer Fokussierung auf Investitionen und einer dynamischen Reduzierung der Staatsgarantien, vor. Dies kann die wirtschaftliche Erholung beschleunigen, ohne den Staatshaushalt gross zu belasten.
Die COVID-19-Pandemie führte weltweit zu einem massiveren Wirtschaftseinbruch als während der letzten grossen Krise, der Finanzkrise. Zudem ist die Unsicherheit hinsichtlich der weiteren konjunkturellen Entwicklung derzeit sehr hoch. Deswegen stellen Unternehmen ihre geplanten Investitionen zurück oder lassen sie ganz fallen, wie die jüngste KOF Investitionsumfrage zeigt. Dabei fällt die Reduktion bei den KMU noch deutlich stärker aus als bei den Grossunternehmen.
Eine Erholung der Unternehmensinvestitionen ist kurzfristig nicht absehbar. In ihrer soeben veröffentlichten Konjunkturanalyse rechnet die KOF für 2020 mit einer Abnahme der Ausrüstungsinvestitionen um rund 13 Prozent. Für eine schnelle Erholung und stabile Entwicklung der Gesamtwirtschaft ist eine gesunde Investitionsdynamik aber wichtig. Eine geringe Investitionsdynamik hemmt den Aufbau des Kapitalstocks und damit den Aufbau des Produktionspotenzials. Zudem hat die Investitionsschwäche negative Rückwirkungen auf den Arbeitsmarkt: Bilden Firmen weniger Sachkapital, stellen sie in der Regel auch weniger Arbeitskräfte ein.
Kreditprogramm in derzeitiger Ausrichtung zur Bekämpfung der Investitionsschwäche ungeeignet
Der Bund reagierte mit dem COVID-19-Kreditprogramm schnell und effektiv auf den Wirtschaftseinbruch. Das Programm hat dazu beigetragen, dass eine Konkurswelle bisher ausblieb. In seiner jetzigen Ausrichtung kann das Kreditprogramm der sich abzeichnenden Investitionsschwäche aber nicht entgegenwirken. Denn die Kredite dürfen nur zur Deckung der laufenden Betriebskosten verwendet werden und nicht für Investitionen. Deswegen schlagen die drei ETH-Forscher Hans Gersbach (Professor für Makroökonomie, Innovation und Politik), Heiner Mikosch (Sektionsleiter KOF Institut) und Jan-Egbert Sturm (Professor für Angewandte Makroökonomie und Direktor des KOF Instituts) eine Anpassung des COVID-19-Kreditprogramms vor.
Konkret schlagen sie folgende Änderungen vor:
- Das COVID-19-Kreditprogramm wird um ein Jahr verlängert (bis 31. Juli 2021). Die bisher beschlossene Gesamtsumme von 40 Mrd. Franken bleibt als Obergrenze bestehen.
- Alle genehmigten Kredite können neu auch für Investitionen verwendet werden, beispielsweise für Ausrüstungen und Forschung & Entwicklung.
- Alle genehmigten Kredite werden nur noch zu einem Teil vom Bund abgesichert. Das restliche Kreditrisiko trägt die kreditgebende Bank. Der Garantieanteil des Staates soll zudem im Verlaufe der Zeit sinken.
- Die kreditgebende Bank muss ihr bereits bestehendes, nicht durch den Bund abgesichertes Kreditengagement gegenüber dem kreditnehmenden Unternehmen in vollem Umfang bis zu einem bestimmten Stichtag aufrechterhalten.
Staatliche Unterstützung kann wirtschaftliche Erholung beschleunigen
Bei einer ausgeprägten Investitionsschwäche und Unterauslastung der Gesamtwirtschaft kann der wirtschaftliche Erholungsprozess durch temporäre Teilgarantien des Staates beschleunigt werden. Dabei wird der Staatshaushalt nicht stark belastet. Die vorgeschlagene stufenweise Reduktion der staatlichen Garantien soll zudem dazu führen, dass Investitionen eher früher als später in Angriff genommen werden und somit die wirtschaftliche Erholung schneller eintritt.
Wenn es trotz der vorgeschlagenen Anpassungen zu einer andauernden Investitionskrise kommt, müssten weitere temporäre Massnahmen erwogen werden. Denkbar sind steuerliche Entlastungen, wie eine Ausweitung der Möglichkeit, aktuelle Verluste mit Gewinnen der vergangenen Jahre zu verrechnen, schnellere Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen und die finanzielle Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Dies käme den Staat aber deutlich teurer zu stehen als der vorliegende Vorschlag.
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