KOF Konjunkturprognose: Schweizer Wirtschaft erholt sich – Coronavirus bleibt Taktgeber

Das Coronavirus bleibt auch in diesem Jahr Taktgeber der Wirtschaftsentwicklung der Welt, in Europa und der Schweiz. Gemäss der KOF Konjunkturprognose wird sich die Wirtschaft allmählich erholen und in der Schweiz im dritten Quartal wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen. Konkret erwartet die KOF im Basisszenario einen Zuwachs des Bruttoinlandprodukts von 3.0% in diesem und 2.8% im kommenden Jahr.

Prognose
Die Industrie ist im Gegensatz zum Dienstleistungssektor gut durch die Corona-Krise gekommen.

Die Gastronomie leidet, Industriefirmen zeigen sich widerstandfähig

Die Ende Dezember beschlossenen und im Januar verschärften Eindämmungsmassnahmen gingen nicht spurlos an der Schweizer Wirtschaft vorüber. In ihrem Basisszenario erwartet die KOF für das erste Quartal dieses Jahres einen Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP). Das Gastgewerbe dürfte abermals besonders getroffen werden. Die Industriefirmen zeigen sich allerdings widerstandfähig und werden ihre Produktion im ersten Quartal sogar steigern können. Auch wenn die Unterschiede zwischen den Branchen und innerhalb einzelner Branchen gross sind, ist die Wirtschaft insgesamt weniger stark von der zweite Pandemiewelle betroffen als bisher befürchtet.

Gesamtwirtschaftliche Erholung ab dem zweiten Quartal

Ab dem zweiten Quartal erwartet die KOF eine gesamtwirtschaftliche Erholung. Diese sollte auch dem Arbeitsmarkt Auftrieb geben und einen Aufbau der Beschäftigung zur Folge haben. Für dieses Jahr geht die KOF von einem BIP-Wachstum von 3.0% aus. Dabei revidiert sie ihr Prognose-Update vom Februar 2021 um knapp 1 Prozentpunkt nach oben. Die stärksten Wachstumsimpulse kommen aus den Sektoren Industrie und Staat sowie aus den konsumentennahen Dienstleistungen. Für das Jahr 2022 erwartet die KOF einen BIP-Zuwachs von 2.8%, was einer Abwärtsrevision von knapp 1 Prozentpunkt entspricht. Gemäss Basisszenario erreicht das Schweizer BIP das Vorkrisenniveau bereits im dritten Quartal dieses Jahres.

Die Weltwirtschaft zieht dank erfolgreicher Impfkampagnen und staatlicher Unterstützung wieder an

Die KOF erwartet eine leicht rückläufige Entwicklung der Weltwirtschaft im ersten Quartal 2021. Während im vierten Quartal letzten Jahres die positiven Impulse aus Ostasien und den USA für das globale BIP prägend waren, geht die KOF in ihrem Basisszenario davon aus, dass im ersten Quartal dieses Jahres das negative Wachstum des Euroraums das internationale Umfeld aus Schweizer Sicht dominieren wird. Ab dem zweiten Quartal dürften die in vielen Ländern angelaufenen Impfkampagnen zu einem Abbau der nicht pharmazeutischen Massnahmen führen und, flankiert von fiskalischen Anreizprogrammen, eine weltwirtschaftliche Erholung einleiten.

Inflation bleibt moderat, Staatsschulden steigen

Die Inflationsprognose der KOF verschiebt sich wegen des höheren Erdölpreises, des leicht nachlassenden Frankenkurses und der etwas günstigeren Einschätzung der Wirtschaftslage nach oben. Die KOF erwartet eine durchschnittliche Inflation von 0.3% in diesem und 0.4% im kommenden Jahr. Die Staatsschulden im Verhältnis zum BIP dürften in diesem Jahr auf knapp über 30% (nach Maastricht-Berechnungsweise) ansteigen, was in etwa der Schuldenquote von vor zehn Jahren entspricht. Im internationalen Vergleich ist die Schweizer Schuldenquote damit allerdings immer noch recht tief.

Der private Konsum und die Ausrüstungsinvestitionen gewinnen im Laufe des Jahres an Schwung

Anfang dieses Jahres blieb die Entwicklung des privaten Konsums geschwächt. Erst ab dem zweiten Quartal beginnt sich der Konsum wieder zu erholen und erreicht dabei Ende 2021 das Vorkrisenniveau. Der Staatskonsum wird auch in diesem Jahr aufgrund von pandemiebedingten Mehrausgaben auf einem hohen Niveau verbleiben und dadurch positiv zum Wachstum beitragen. Im nächsten Jahr ist aber wieder mit einer Reduktion der Staatsausgaben zu rechnen. Nach starken, pandemiebedingten Schwankungen im vergangenen Jahr dürften die Ausrüstungsinvestitionen im laufenden Jahr wieder Auftrieb erhalten. Zwar hemmen die Eindämmungsmassnahmen und die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie im ersten Halbjahr des laufenden Jahres die Investitionstätigkeit der Unternehmen noch. Ab der zweiten Jahreshälfte werden die Ausrüstungsinvestitionen jedoch wieder zunehmen. Die KOF geht zudem davon aus, dass der Schweizer Aussenhandel mit Waren und Dienstleistungen wieder an Fahrt gewinnen wird.

Drei Alternativszenarien

Es herrscht weiterhin eine grosse Unsicherheit über den Pandemieverlauf, was auf die derzeitigen Konjunkturprognosen ausstrahlt. Daher präsentiert die KOF zusätzlich zum Basisszenario drei Alternativszenarien für die Schweizer Konjunktur.

Für das internationale Negativszenario stellen Fiskalmultiplikatoren, die geringer als im Basisszenario ausfallen, ein Abwärtsrisiko dar. In diesem Szenario wird erwartet, dass das globale BIP im ersten Halbjahr 2021 stagniert und ab dem dritten Quartal eine träge verlaufende Erholung einsetzt. Ein ungünstigerer Verlauf der internationalen Konjunktur hat auch Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft. Hier ist zu erwarten, dass insbesondere die exportorientierte Industrie besonders hart getroffen sein wird. Für dieses Jahr erwartet die KOF in diesem Negativszenario in der Schweiz einen BIP-Anstieg von 2.4%, also 0.6 Prozentpunkte unter dem Basisszenario. Dadurch entsteht im Vergleich zum Basisszenario ein Wertschöpfungsverlust von 4.2 Mrd. Fr. Im kommenden Jahr dürfte das BIP-Wachstum weiterhin unterhalb des angenommenen Wachstums des Basisszenarios liegen, was zu zusätzlichen Kosten von 7.4 Mrd. Fr. führen wird.

Zudem präsentiert die KOF zwei Szenarien, welche sich auf das Geschehen in der Schweiz fokussieren. Die Entwicklungen des internationalen Umfelds gleichen jenen im Basisszenario. Im Positivszenario wird davon ausgegangen wird, dass die nicht pharmazeutischen Massnahmen schneller als im Basisszenario auf das Niveau vom Sommer 2020 gesenkt werden. Die Fallzahlen steigen zwar an, schnellen aber nicht massiv in die Höhe und machen somit keine erneuten Massnahmen notwendig. Dadurch ist die Wirtschaft in diesem Szenario weniger eingeschränkt als im Basisszenario. Für das laufende Jahr erwartet die KOF in diesem Szenario ein BIP-Wachstum von 3.1%, was leicht über dem Wert des Basisszenarios liegt.

Im Gegensatz dazu steigt das Infektionsgeschehen im Schweizer Negativszenario im Vergleich zum Basisszenario so stark an, dass es ohne erneute Massnahmen zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommt. Dies kann auf eine Kombination aus raschen Lockerungen und einer schnellen Ausbreitung der stärker ansteckenden Virusmutationen zurückgeführt werden. Für die Schweizer Wirtschaft bedeutet dies eine Jahreswachstumsrate von 2.7%, also 0.3 Prozentpunkte unter dem Basisszenario, was einer Wertschöpfungseinbusse von 2.2 Mrd. Fr. entsprechen würde.

Prognoserisiken

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist stark vom Fortgang der COVID-19-Pandemie geprägt, welche die grösste Risikoquelle für die Prognose darstellt. Neben den in den Szenarien beschriebenen Entwicklungen könnten erneute Eindämmungsmassnahmen zu einer Konkurswelle führen, was kurz- und mittelfristige Auswirkungen auf die Wirtschaft haben könnte. Eine neue Virusvariante, die noch ansteckender ist als die bisher bekannten Viren, stellt ein weiteres Risiko dar. Ein Aufwärtsrisiko für diese Prognose könnte eine schnellere und effizientere Produktion und Verteilung der Impfstoffe als erwartet sein.
 

Kontakt

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