KOF-NZZ Umfrage unter Ökonomen und Ökonominnen: Wirtschaftsforschende erwarten zinspolitische Normalisierung

Die KOF hat im März gemeinsam mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) 110 Ökonominnen und Ökonomen an Schweizer Hochschulen zu ihren Einschätzungen der Inflation und Geldpolitik in der Schweiz befragt. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden gehen davon aus, dass der Leitzins in den kommenden fünf Jahren positiv sein wird. Ein Zinsschritt der SNB wird erst erwartet, wenn die EZB ihren Leitzins angehoben hat.

Die Konsumentenpreise sind in der Schweiz im Februar und März 2022 im Vorjahresvergleich so stark gestiegen wie seit der Finanzkrise von 2009 nicht mehr. Die Hauptursache für die aktuell hohen Inflationsraten sehen die befragten Volkswirte in einem Anstieg der Kosten etwa aufgrund hoher Faktor- oder Energiepreise und Personal- oder Lieferengpässen. Der nachfragebasierte Preisdruck wird als weniger wesentlich angesehen. Die Inflationsraten nehmen in der Schweiz seit mehreren Monaten stetig zu. Werden sich die Inflationsraten bald wieder normalisieren oder werden die inflationären Tendenzen noch einige Monate anhalten? 63% der Ökonominnen und Ökonomen, die eine Einschätzung abgaben, beurteilen die gegenwärtige Preisdynamik als (eher) vorübergehender und 37% als (eher) dauerhafter Natur. Hinsichtlich der Teuerungsrate in fünf Jahren rechnen rund drei Viertel der Umfrageteilnehmenden damit, dass dieser innerhalb des Zielbands der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von 0% bis 2% liegen wird.

Mehrheit der Teilnehmenden bewertet die Geldpolitik der SNB als angemessen

Mit einem Anstieg der Konsumentenpreise von 2.2% im Februar und von 2.4% im März 2022 gegenüber den Vorjahreswerten liegt die Inflation ausserhalb des Bereiches, den die SNB mit Preisstabilität gleichsetzt. Deshalb stellt sich die Frage, ob die momentane Geldpolitik so noch gerechtfertigt ist oder ob ein restriktiverer Kurs nötig wäre, um die Inflation in Schach zu halten. Gemäss den Umfrageresultaten sehen mehr als die Hälfte der Volkswirte die implementierten geldpolitischen Massnahmen in der Schweiz als angemessen an, 44% beurteilen die Geldpolitik als (eher) zu expansiv. In den letzten drei Jahren hat sich die Einstellung der Ökonomenzunft zur geldpolitischen Ausrichtung der SNB nicht wesentlich geändert. Bereits Ende 2019 gab es bei einer KOF-NZZ-Ökonomenumfrage zwei ähnlich grosse Lager, die die Geldpolitik als angemessen respektive als (eher) zu expansiv ansahen und nur wenige, die sie für (eher) zu restriktiv hielten.

Der Leitzins ist in der Schweiz seit Januar 2015 im negativen Bereich. Mehr als die Hälfte der befragten Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass der Leitzins in den kommenden fünf Jahren positiv sein wird. Mit einem Leitzins um 0% rechnen weitere 38%. Lediglich 6% sind der Meinung, dass der Leitzins in etwa so wie jetzt oder etwas weniger negativ sein wird. Ende 2019 war diese Einstellung nicht anzutreffen: In der damaligen Umfrage ging eine Minderheit von einer baldigen zinspolitischen Wende aus: 22% der Umfrageteilnehmenden erwarteten damals einen positiven Zinssatz in fünf Jahren. Hinsichtlich der geldpolitischen Normalisierung wird oft diskutiert, wie wahrscheinlich es ist, dass die SNB vor der Europäischen Zentralbank (EZB) die Leitzinsen erhöht: 94% der befragten Forschenden schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass die SNB vor der EZB einen Zinsschritt vollziehen wird, als (sehr) klein ein.

Jeder/Jede Zweite rechnet mit nominaler Aufwertung des Schweizer Frankens

Der Schweizer Franken hat gegenüber den Währungen seiner wichtigsten Handelspartner in den vergangenen Jahren nominal relativ kontinuierlich an Wert gewonnen. Bezüglich der Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten rechnet mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmenden mit einer (leichten) Aufwertung des Schweizer Frankens.

Kein Konsens wie der Kurs der EZB auf den Ukraine-Krieg angepasst werden soll

Auch die EZB befindet sich momentan in einer schwierigen Situation: Während die stark steigenden Konsumentenpreise eher für eine restriktivere Geldpolitik sprechen würden, bedürfen die Konjunkturrisiken wegen des Ukraine-Kriegs eher eine expansivere Ausrichtung. Die befragten Forschenden sind sich uneinig, ob die EZB infolge des Ukraine-Krieges ihren geldpolitischen Kurs anpassen soll: 35% befürworten eine (etwas) restriktivere, 46% eine unveränderte und 19% eine (etwas) expansivere geldpolitische Ausrichtung gegenüber der hypothetischen Situation ohne Krieg.

Die KOF-NZZ-Ökonomenumfrage behandelt für die Schweiz wirtschaftspolitisch relevante Themen und ist ein Instrument, um die Ansichten der akademisch forschenden Ökonomen und Ökonominnen in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Medienpartner der KOF bei der Erstellung und Interpretation der Ökonomenumfrage ist die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Im März führte die KOF gemeinsam mit der NZZ eine Umfrage zu der Inflation und der Geldpolitik in der Schweiz durch. 785 Ökonomen und Ökonominnen wurden angeschrieben. Es gingen Antworten von 110 Ökonomen und Ökonominnen aus 17 Institutionen ein.

Den Beitrag in der NZZ finden Sie externe Seitehier.

Weitere Informationen zur KOF-NZZ-Ökonomenumfrage und eine grafische Darstellung der Ergebnisse finden Sie hier.

Die Medienmitteilung im PDF-Format finden Sie Downloadhier (PDF, 87 KB).

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