Schweizer Wirtschaft weiter in guter Verfassung – Perspektiven trüben sich jedoch ein

Die Geschäftslage der Schweizer Unternehmen bekommt im Juli einen kleinen Dämpfer. Sie ist aber weiterhin besser als zu Beginn dieses Jahres und zuvor war die Lage letztmals im Juli 2011 günstiger als derzeit. Bezüglich der Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr sind die Unternehmen allerdings deutlich weniger optimistisch als bisher. Der Gegenwind für die Schweizer Konjunktur dürfte in der nächsten Zeit zunehmen.

Geschäftslage im Gastgewerbe verbessert sich gegen die vorherrschende Negativtendenz

In der Mehrzahl der befragten Wirtschaftsbereiche kühlt sich die Geschäftslage im Juli ab. Besonders spürbar ist dies im Detailhandel, wo der Geschäftslageindikator nach über einem Jahr im Höhenflug nun deutlich nach unten tendiert. Weniger ausgeprägt ist der Rückgang im Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, im Grosshandel sowie im Verarbeitenden Gewerbe. Obwohl der Schweizer Franken gegenüber dem Euro jüngst aufwertete, spüren die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes momentan keinen starken Verlust an Wettbewerbsfähigkeit im EU-Markt. Sehr leichte Schleifspuren weist die Geschäftslage bei den übrigen Dienstleistern, im Projektierungsbereich und im Baugewerbe auf. Entgegen der verbreiteten Abschwächungstendenz bessert sich die Geschäftslage im Gastgewerbe deutlich.

Keine weitere Verschärfung beim Vorproduktemangel

Das Problem des Material- und Vorproduktemangels hat sich trotz des Ukraine-Krieges und der Pandemiemassnahmen in Teilen Asiens seit dem Frühjahr nicht mehr weiter verschärft. Zwar klagen nach wie vor viele Firmen über fehlende Vorprodukte, doch scheint das Allerschlimmste zunächst einmal hinter ihnen zu liegen. Die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes konnten zudem ihre Vorproduktelager etwas füllen und die Grosshändler rechnen weniger häufig als bisher mit steigenden Lieferfristen. Zu dieser leichten Entschärfung dürfte aber auch beitragen, dass die Unternehmen weniger häufig mit Nachfragezuwächsen für ihre eigenen Produkte rechnen als zuvor.

Die Dynamik des Preisauftriebs nimmt ab

Der Preisauftrieb ist nach wie vor sehr hoch, nimmt aber nicht mehr weiter zu. Je nach Sektoren sind die Entwicklungstendenzen unterschiedlich. Das Gastgewerbe und die übrigen Dienstleister planen etwa vermehrt Preisanhebungen, während die Preisplanungen im Verarbeitenden Gewerbe und im Grosshandel nicht mehr ganz so stark nach oben gerichtet sind wie bisher. Diese Heterogenität könnte zusätzlich darauf hindeuten, dass die Geschwindigkeit der Preissteigerungen insgesamt zumindest nicht mehr so stark zunehmen wird.

Bruttolöhne dürften gemäss Lohnumfrage kurzfristig nicht mit der Inflation Schritt halten

Die KOF hat in ihre reguläre Konjunkturumfragen im Juli Fragen zu den Erwartungen der Firmen über die Lohnentwicklung im eigenen Unternehmen und zur Inflationsentwicklung (des Konsumentenpreisindex) aufgenommen. Diese Fragen werden zukünftig alle drei Monate erneut gestellt. Die jetzigen Ergebnisse sind noch als experimentell und daher vorläufig anzusehen. Sie deuten darauf hin, dass die Bruttolöhne gemäss den Erwartungen der Unternehmen bis in einem Jahr durchschnittlich um leicht mehr als 2% steigen. Die Umfrageteilnehmenden gehen damit davon aus, dass die Bruttolohnsteigerungen in diesem Zeitraum mit der Inflation eher nicht Schritt halten werden.  

In die Ergebnisse der KOF Konjunkturumfragen vom Juli 2022 sind die Antworten von etwa 4500 Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Baugewerbe und den wichtigsten Dienstleistungsbereichen eingeflossen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von etwa 56%.

Kontakt

Dr. Klaus Abberger
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KOF Konjunkturforschungsstelle
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