Lohnumfrage: Unternehmen erwarten kaum Reallohnanstiege

Auch in diesem Jahr könnte die Lohnrunde für die Lohnbeziehenden real mager ausfallen: Für die nächsten zwölf Monate erwarten die Unternehmen einen durchschnittlichen Lohnanstieg von nur 2%. Da sie für den gleichen Zeitraum mit einer Inflation von über 2% rechnen, gehen die Unternehmen nicht von einem Reallohnanstieg aus. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage der KOF bei knapp 9000 Betrieben in der Schweiz.

Über alle Branchen hinweg rechnen die Unternehmen mit einem Lohnwachstum von 2% in den nächsten zwölf Monaten. Damit haben sich die Lohnerwartungen gegenüber den früheren Befragungen leicht abgeschwächt. Im Juli hat die KOF im Zuge der vierteljährlichen Konjunkturbefragungen knapp 9000 Betriebe des privaten Sektors zu ihren Lohnerwartungen befragt und Antworten von rund 4500 Betrieben erhalten.

Inflation lässt Kaufkraft schmelzen

Ein nominaler Lohnanstieg von 2% in den nächsten zwölf Monaten wäre für Schweizer Verhältnisse zwar ein beachtliches Wachstum. Zieht man aber die von der KOF prognostizierte Inflation im selben Zeitraum von 1.5% hinzu, bliebe nur ein Reallohnwachstum von 0.5% übrig. Ganz schmelzen würde die Kaufkraft, wenn die von den Unternehmen erwartete Teuerung von 2.5% eintreten würde. Im Rahmen der Erhebungen werden die befragten Betriebe nämlich auch nach der erwarteten Konsumentenpreissteigerung in den nächsten zwölf Monaten befragt.

Industrie und Grosshandel rechnen mit einem besonders geringen Lohnwachstum

Vergleichsweise tief sind die erwarteten Lohnerhöhungen für das nächste Jahr bei den Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes (+1.5%) und des Grosshandels (+1.6%). Die tiefen Lohnerwartungen in diesen beiden Sektoren decken sich mit den Antworten dieser Branchen zu den restlichen Fragen der KOF Konjunkturumfragen: So haben sich etwa die Geschäftslage und die Beschäftigungserwartungen dieser Branchen in den letzten Monaten deutlich abgekühlt (siehe Medienmitteilung vom 7. August). Diese Branchen spüren die Flaute des Welthandels und den nachlassenden Konsum in wichtigen Exportländern wie etwa Deutschland.

Das Gastgewerbe ist der Ausreisser nach oben

Stärker binnenorientierte Branchen erwarten hingegen etwas höhere Lohnzuwächse im nächsten Jahr. Auffallend ist allerdings, dass der mittlere erwartete Nominallohnzuwachs in fast allen Branchen nahe bei 2% liegt. Einzig das Gastgewerbe sticht heraus: Die Betriebe dieser Branche rechnen im Schnitt mit einem Lohnzuwachs von 3.8%. Das Gastgewerbe ist die einzige Branche, wo die Umfrageteilnehmer ein Reallohnwachstum in den nächsten zwölf Monaten erwarten.

Die Lohnbefragungen der KOF

Seit Sommer 2022 erhebt die KOF in jedem Quartal Daten zu den Lohnerwartungen der Betriebe des privaten Sektors in der Schweiz. Die Befragung findet im Rahmen der vierteljährlichen Konjunkturbefragungen der KOF statt, bei der die KOF knapp 9000 Schweizer Betriebe befragt. An der Umfrage nehmen im ersten Monat eines Quartals im Schnitt rund 4500 Betriebe teil.

Die Umfragen enthalten eine quantitative Frage zu den Erwartungen der Umfrageteilnehmenden, wie sich die Bruttolöhne in ihren Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten entwickeln werden. Die Auswertung dieser Antworten ist im Juli besonders interessant, da die Frage die Erwartungen der Firmen zur kommenden Lohnrunde abgreift. Die einzelnen Unternehmensantworten werden mit Beschäftigungsgewichten aggregiert.

Im Rahmen der Umfrage werden die Firmen auch nach der erwarteten Konsumentenpreisinflation in den kommenden zwölf Monaten befragt. Durch Kombination der Lohn- und Preisantwort können daher Rückschlüsse auf das Reallohnwachstum gezogen werden, welches die Betriebe erwarten. Aufgrund der grossen Stichprobengrösse lassen die Daten auch zuverlässige Schlüsse zu, in welchen Branchen die Betriebe mit einem grösseren Lohnwachstum rechnen.

Kontakt

Dr. Michael Siegenthaler
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
  • LEE G 301
  • +41 44 633 93 67

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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