KOF Beyond the Borders Webinar zum Thema: "Wer bezahlt die Kosten für die Coronakrise? Antworten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz"
COVID19 betrifft alle Länder, doch im Umgang mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gibt es grosse Unterschiede. In einem von der KOF organisierten Webinar haben Konjunkturforschende aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich über die aktuelle Lage in ihrem Land und die längerfristigen Folgen der Coronakrise diskutiert.
Neue Rekorde bei der Kurzarbeit, eine tiefe Rezession trotz Sofortmassnahmen zur Stützung der Wirtschaft, grosse Abhängigkeit von der internationalen Konjunktur: In der Coronakrise befinden sich die Schweiz, Deutschland und Österreich in vielerlei Hinsicht in einer ähnlichen Situation. Dies verdeutlichten die Referate der Konjunkturforscher Jan-Egbert Sturm (KOF, ETH Zürich), Clemens Fuest (ifo Institut, München) und Margit Schratzenstaller (WIFO, Wien). Sie eröffneten das Webinar «KOF Beyond the Borders» mit einer kurzen Übersicht über die aktuelle Lage in ihrem jeweiligen Land.
Doch im Umgang mit der Krise, das zeigte sich in der darauffolgenden Debatte, gibt es grosse Unterschiede. Während Deutschland und Österreich auf Konjunkturpakete setzen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, verzichtet die Schweiz auf nennenswerte Konjunkturmassnahmen. Das könnte unter anderem an der Grösse der Volkswirtschaft liegen, vermutet ifo-Präsident Fuest. «Deutschland als grosse Volkswirtschaft hat mehr Anreize, Konjunkturpakete zu schnüren.» Ausserdem gebe es Hinweise, dass der Einbruch in der Schweiz nicht ganz so stark ausfallen könnte wie in den Nachbarländern. Und sicherlich spiele auch die Ideologie eine Rolle – eine Aussage, der KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm zustimmte.
In der Schweiz mit ihrer calvinistischen Tradition herrsche die Ansicht vor, dass Geld erst verdient werden müsse, bevor es ausgegeben werden könne, so Sturm. Zudem habe eine kleine, offene Volkswirtschaft wie die Schweiz weniger Anreize, eine solche Art von Konjunkturpaketen aufzugleisen. Margit Schratzenstaller verwies darauf, dass beim Konjunkturpaket in Österreich nun viele Massnahmen vorgezogen würden, welche die neue Regierung ohnehin habe umsetzen wollen – etwa Investitionen in den Klimaschutz. Konjunkturpakete spielten ausserdem eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung von Vertrauen.
Höhere Schuldenquote und Verteilungskämpfe zu erwarten
Werden diese unterschiedlichen Philosophien auch Folgen für die Lastenverteilung haben? Wer wird am Ende für die Kosten der Coronakrise aufkommen müssen? Für eine definitive Antwort auf diese Frage sei es noch zu früh, befanden alle drei Experten. Zu wenig sei bekannt über die individuelle und soziale Betroffenheit durch die Krise, sagte Schratzenstaller. Die Experten waren sich zudem einig, dass ein gewisses Herauswachsen aus den durch die Coronakrise entstehenden Schulden möglich sein sollte, sobald die Konjunktur wieder anspringt, auch dank des tiefen Zinsniveaus. Trotzdem sei die Diskussion über die Konsolidierung des Staatshaushalts in der Schweiz schon in vollem Gange, so Sturm.
Clemens Fuest verwies darauf, dass auch nach einer Erholung mit einer höheren Schuldenquote zu rechnen sei. Es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass das Wirtschaftswachstum strukturell sinke – und Verteilungskämpfe damit zunehmen.
Präsentationen
Download Präsentation (PDF, 770 KB) von Prof. Dr. Clemens Fuest, ifo Institut München
Download Präsentation (PDF, 706 KB) von Dr. Margit Schratzenstaller, WIFO Wien
Download Präsentation (PDF, 1.2 MB) von Prof. Dr. Jan-Egbert Sturm, KOF