Ehemaliger KOF-Direktor Hans Würgler gestorben

Fast 30 Jahre lang, von 1964 bis 1993, war Hans Würgler Direktor der KOF Konjunkturforschungsstelle an der ETH, wo er unter anderem den Aufbau eines gesamtwirtschaftlichen ökonometrischen Modells für die Simulation und Prognose der Schweizer Konjunktur vorantrieb und den Grundstein für die schweizerische Strukturforschung legte.

Mitverantwortlich für Konjunkturartikel in der Bundesverfassung

Als Präsident der Kommission für Konjunkturfragen des Bundes war Hans Würgler ab 1968 massgeblich an der Erarbeitung der Grundlagen für eine Konjunktur- und Wachstumspolitik des Bundes beteiligt und damit an der Ausarbeitung des heutigen Artikels 100 der Bundesverfassung, der 1978 in einer Volksabstimmung angenommen wurde.

Während seiner Amtszeit vernetzte Hans Würgler die KOF international und baute die von KOF-Gründer Eugen Böhler lancierten Konjunkturumfragen stetig aus, sowohl branchenbezogen als auch mit kantonalen und regionalen Auswertungen.

Überzeugter Keynesianer - gegen den Zeitgeist

Hans Würgler bleibt seinen ehemaligen Kollegen als überzeugter und diskussionsfreudiger Keynesianer in Erinnerung, der gegen den wirtschaftsliberalen Zeitgeist der 1970-er und 1980-er Jahre den Staat und die Nationalbank immer als starke Akteure der Wirtschaftspolitik gesehen hat und sie in die Pflicht nahm, durch beherztes Eingreifen Konjunkturzyklen zu glätten und dadurch Rezessionen zu verhindern.

Hans Würgler hat sich auch in der Lehre grosse Meriten erworben. So hat er als Professor zusammen mit seiner jeweiligen Assistenz in den verschiedensten Abteilungen der ETH wie zum Beispiel Architektur und Bauwesen sowie Agrarwissenschaften Vorlesungen und Seminare in Nationalökonomie abgehalten. Der Zuspruch war gross, da es Hans Würgler verstand, auf verständliche Weise die Studierenden in die grundlegenden Zusammenhänge der Wirtschaftswissenschaften einzuführen.

Kaderschmiede für die schweizerische Wirtschaft

Der Verstorbene verfügte über ein ausgeprägtes Gefühl für die sozialen Probleme einzelner Mitarbeitenden. Zudem verstand er es, die WissenschafterInnen so zu führen, dass deren Eigenverantwortung über den Erfolg der Tätigkeit entschied. Unter Hans Würgler reifte die KOF zu einer eigentlichen Kaderschmiede für die schweizerische Wirtschaft heran. Zahlreiche WissenschafterInnen der KOF fanden unter Hans Würgler den beruflichen Weg in wichtige Institutionen der Schweizer Volkswirtschaft, darunter vor allem die Schweizerische Nationalbank, die Bundesverwaltung und einige grosse Unternehmen. Die Persönlichkeit Hans Würgler zeigt sich auch darin, dass er nach seiner Emeritierung mit einigen KOF-Mitarbeitenden freundschaftlich verbunden blieb.