KOF Globalisierungsindex: Globalisierungsflaute setzt sich fort
Die weltweite Globalisierung entwickelt sich weiterhin flach. Die seit 2015 eingesetzte Abflauung der Globalisierung hält an. Die Schweiz, die Niederlande und Belgien sind die insgesamt am stärksten globalisierten Länder weltweit. Der aktuelle KOF Globalisierungsindex widerspiegelt die ökonomische, soziale und politische Globalisierung seit 1970.
Der weltweite Grad der Globalisierung hat zwischen den Jahren 1990 und 2007 rasant zugenommen. Die Finanzkrise und die darauffolgende Grosse Rezession haben diese Entwicklung aber abgebremst. Seit 2015 hat sich die Globalisierung weiter abgeflacht. Auch im Jahr 2016, dem aktuellsten Jahr des Index, stieg der Grad der weltweiten Globalisierung nur leicht an. Die ökonomische Globalisierung stagnierte. Zwar schritt die finanzielle Globalisierung weiter fort, gleichzeitig nahm der Grad der Handelsintegration jedoch etwas ab. Die soziale Globalisierung erhöhte sich nur leicht. So nahmen die weltweiten Informationsflüsse weiter zu, gleichzeitig verringerte sich aber der Grad der kulturellen Globalisierung leicht. Die politische Globalisierung nahm von allen Dimensionen am stärksten zu.
Der KOF Globalisierungsindex unterscheidet auch zwischen der de facto und der de jure Globalisierung (siehe Kasten Methodik). Im Jahr 2016 verbesserten sich die Rahmenbedingungen für die Globalisierung gemessen an der de jure Globalisierung und der de facto Globalisierung gleichermassen. Bei der ökonomischen Globalisierung zeigt sich, dass insbesondere die de facto Handelsglobalisierung, also der grenzüberschreitende Austausch von Waren und Dienstleistungen, im Jahr 2016 rückläufig war. Dies obwohl sich die de jure Handelsglobalisierung, also die Regulierung des weltweiten Handels, verbessert hat. Demgegenüber ist die Zunahme in der finanziellen Globalisierung primär den internationalen Finanzflüssen, also der de facto finanziellen Globalisierung, geschuldet. Das regulatorische Umfeld, die de jure finanzielle Globalisierung, blieb unverändert.
Länderbetrachtung
Die Schweiz war im Jahr 2016 das am stärksten globalisierte Land der Welt, gefolgt von den Niederlanden und Belgien. Auf den weiteren Rängen folgen Schweden, das Vereinigte Königreich, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland und Norwegen. Die ersten nicht-europäischen Länder sind Kanada auf Rang 16, Singapur auf Rang 20 und die Vereinigten Staaten auf Rang 23. Am unteren Ende der Tabelle rangieren Eritrea, die Zentralafrikanische Republik, die Komoren, Afghanistan und Guinea-Bissau.
Aufgrund ihrer stärkeren Verflechtung, beispielsweise mit Nachbarstaaten, sind kleine Länder in diesem Ranking tendenziell weiter vorne als grosse Länder. So sind die grössten Volkswirtschaften der Welt eher im Mittelfeld zu finden. Die USA liegen bei der ökonomischen Globalisierung auf Rang 65; bei der sozialen und politischen Globalisierung sind sie auf den Plätzen 23 und 12. Die Volksrepublik China liegt im Gesamtindex im unteren Drittel auf Platz 79. Während sie bei der politischen Globalisierung auf Rang 27 liegt, ist ihr Grad der ökonomischen und sozialen Globalisierung deutlich geringer. Die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt, Japan, befindet sich auf Platz 36. Grosse Volkswirtschaften der EU, wie Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Spanien sind aufgrund ihrer hohen ökonomischen, sozialen und politischen Verflechtung innerhalb der EU insgesamt deutlich stärker globalisiert. Im Gesamtranking liegt das Vereinigte Königreich auf Rang 5, Frankreich und Deutschland auf den Plätzen 8 und 9, Spanien auf Position 12.
Methodik
Der KOF Globalisierungsindex misst die wirtschaftliche, soziale und politische Dimension der Globalisierung. Er dient der Beobachtung von Veränderungen des Grads der Globalisierung von Ländern über einen langen Zeitraum. Der aktuelle KOF Globalisierungsindex liegt für 195 Länder und den Zeitraum 1970 bis 2016 vor. Im Index wird zwischen der de facto und der de jure Globalisierung im Gesamtindex, sowie in der ökonomischen, sozialen und politischen Komponente unterschieden. Der Index misst die Globalisierung auf einer Skala von 1 bis 100. Die Werte der zugrundeliegenden Variablen werden in Perzentile unterteilt. Es werden 42 unterschiedliche Variablen verwendet, die anhand statistisch ermittelter Gewichte (Hauptkomponentenanalyse) aggregiert werden.
Der Teilbereich der ökonomischen Globalisierung enthält einerseits den Bereich Handelsflüsse und andererseits Finanzflüsse. Die de facto Handelsglobalisierung wird anhand des Güter- und Dienstleistungshandels ermittelt. Die de jure Handelsglobalisierung beinhaltet Zölle, Steuern und Handelsbeschränkungen. Die de facto finanzielle Globalisierung umfasst Auslandsinvestitionen in verschiedenen Kategorien. Die de jure finanzielle Globalisierung beinhaltet Investitionsbeschränkungen, die Offenheit der Kapitalbilanz sowie internationale Investitionsabkommen.
Der Teilbereich der sozialen Globalisierung besteht seinerseits aus drei Bereichen für welche je ein de facto und ein de jure Bereich ausgewiesen wird. Persönliche Kontakte werden im de facto Bereich anhand von internationalen Telefonverbindungen, Tourismusströmen und Migration gemessen. Im de jure Bereich anhand von Telefonabonnementen, internationalen Flughäfen und Visarestriktionen. Informationsflüsse werden im de facto Bereich anhand von internationalen Patentanmeldungen, internationalen Studenten und Hochtechnologiehandel ermittelt. Im de jure Bereich wird der Zugang zu TV und Internet, die Pressefreiheit und die internationalen Internetverbindungen gemessen. Kulturelle Nähe besteht im de facto Bereich aus Handel mit Kulturgütern, Registrationen internationaler Markenrechte sowie die Zahl der McDonalds-Restaurants und IKEA-Läden. Der de jure Bereich wird anhand von Bürgerrechten, Geschlechtergleichheit und Bildungsstand gemessen.
Der Teilbereich der politischen Globalisierung wird im de facto Bereich anhand der Zahl von Botschaften, internationalen Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) und Teilnahme in UN-Friedensmissionen ermittelt. Der de jure Bereich beinhaltet Variablen zur Mitgliedschaft in internationalen Organisationen und internationalen Verträgen.