KOF Konjunkturumfragen: Talfahrt vorerst gestoppt

Die Geschäftslage der Schweizer Unternehmen hat sich im Juli gegenüber dem Vormonat nicht verändert. Nach sieben Rückgängen in Folge verharrt der Geschäftslageindikator nun auf dem Vormonatswert. Die Talfahrt der Schweizer Konjunktur geht momentan nicht weiter, das konjunkturelle Umfeld bleibt aber schwierig.

Geschäftslage nach Wirtschaftsbereichen

Hinter der insgesamt unveränderten Geschäftslage verbergen sich unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Sektoren. Eine verbesserte Geschäftslage melden die Unternehmen im Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, im Gastgewerbe und im Bereich übrige Dienstleistungen. Leicht unter Druck ist dagegen die Geschäftslage im Detailhandel und im Baugewerbe. Grössere Abschläge sind im Projektierungsbereich und im Grosshandel zu beobachten. Im Verarbeitenden Gewerbe setzt der Geschäftslageindikator seinen Sinkflug fort: Der Indikator tendiert hier den achten Monat in Folge nach unten. Die Schweizer Industrieunternehmen leiden insbesondere unter der verhaltenen internationalen Entwicklung.

Die Wirtschaftsbereiche im Einzelnen

Im Verarbeitenden Gewerbe sind die Geschäftslage und die Erträge unter Druck. Die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate sind verhalten.

Im Verarbeitenden Gewerbe kühlt die Geschäftslage weiter spürbar ab. Sie präsentiert sich im Juli 2019 markant ungünstiger als im Sommer vergangenen Jahres. Der Auftragsbestand nahm jüngst merklich ab und die Firmen klagen vermehrt über zu kleine Auftragsreserven. Da die Unternehmen die Produktionstätigkeit bereits gedrosselt haben, sinkt die Auslastung der Maschinen und Geräte. Mit 80,1% ist der Auslastungsgrad der Kapazitäten im längerfristigen Vergleich unterdurchschnittlich. Die Ertragslage litt zudem wieder häufiger als im Vorquartal.

Die Wettbewerbsposition der Schweizer Firmen hat sich zwar weder im Ausland noch im Inland wesentlich verändert. Dennoch wollen die Unternehmen der fehlenden Nachfrage mit leichten Preissenkungen begegnen. Sie hoffen auf eine wieder etwas höhere Exporttätigkeit und lebhaftere Bestellungseingänge in der näheren Zukunft. Insgesamt sind die Unternehmen für ihre Geschäftstätigkeit in den kommenden Monaten verhalten zuversichtlich. Die Beschäftigtenzahl könnte den Planungen der Betriebe zufolge leicht sinken.

Im Detailhandel ist wenig Dynamik sichtbar. Im Grosshandel lässt vor allem die Nachfrage durch Produktionsbetriebe nach.

Im Detailhandel kann die Geschäftslage im Juli – ähnlich wie in den Vormonaten – als befriedigend bis gut eingestuft werden. Die Ertragslage der Unternehmen ist weiterhin leicht unter Druck. Sowohl die Kundenfrequenz als auch der mengenmässige Absatz wollen seit einigen Monaten nicht mehr steigen. Da die Detailhändler auch keine deutliche Belebung der Umsätze erwarten, sind sie bei der Bestellung neuer Waren nach wie vor zurückhaltend.

Im Grosshandel ist die Lage zwar gut, sie kühlt aber weiter ab. Im Juli gibt der Geschäftslageindikator sowohl beim Konsumtionsverbindungshandel (Grosshandel mit Konsumgütern) als auch beim Produktionsverbindungshandel (Grosshandel mit Produkten für die Produktion) nach. Während aber der Konsumtionsverbindungshandel mehr Wahren als vor Jahresfrist verkauft, ist dies beim Produktionsverbindungshandel nicht mehr der Fall. Auch die Erwartungen bezüglich der Nachfrage unterscheiden sich: Während die Grosshändler im Konsumbereich mit einer abgeschwächt weiter steigenden Nachfrage rechnen, gehen die für Produktionsbetriebe tätigen Grosshändler von einem Nachfragerückgang in der nächsten Zeit aus.

Im Baubereich ist die Lage trotz einer leichten Abkühlung gut. Die Zahl der Mitarbeitenden soll steigen.

Bei den mit der Bautätigkeit verbundenen Bereichen Baugewerbe und Projektierung ist die Geschäftslage momentan gut. Das jeweils hohe Niveau des Geschäftslageindikators vom Frühjahr kann jedoch nicht ganz gehalten werden. Im Baugewerbe sinkt die Auslastung der Maschinen und Geräte. Die Nachfrage nach den Leistungen der Baufirmen war in den vergangenen Monaten aber lebhaft. Da die Firmen keine Abschwächung der Nachfrage erwarten, rechnen sie mit einer leicht steigenden Bautätigkeit in der nächsten Zeit. Daher bewerten die Unternehmen ihre Mitarbeiterzahl eher als zu knapp und sie sorgen sich um die Verfügbarkeit von zusätzlichen Fachkräften. Insbesondere das von Handwerksbetrieben geprägte Ausbaugewerbe sucht neue Mitarbeitende, um die leicht, aber beständig steigende Nachfrage zu bedienen.

Bei den Projektierungsbüros steigen die Nachfrage und die Leistungserbringung nicht mehr ganz so stark wie in den Vormonaten. Die Leistungserbringung dürfte aber auch in der nächsten Zeit weiter zunehmen, so dass die Planer die Zahl der Mitarbeitenden aufstocken möchten. Insgesamt gehen sowohl die Projektierungsbüros als auch das Baugewerbe von einer recht stabilen Entwicklung der Geschäfte im kommenden halben Jahr aus.

Im Gastgewerbe verbessert sich die Lage, die Beherbergungsbetriebe sehen sogar häufiger Spielräume für Preiserhöhungen.

Im Gastgewerbe verbessert sich die Geschäftslage diesen Sommer wieder und ist damit günstiger als im Vorjahr. Insbesondere die Beherbergungsbetriebe sprechen vermehrt von einer guten Lage. Aber auch bei den Gastronomiebetrieben werden die skeptischen Stimmen leiser und die Lage gilt zunehmend als befriedigend. Die Gastronomen sehen die Witterungsbedingungen im Vergleich zum Vorjahr eher als günstiger an. Die Nachfrage steigt und der mengenmässige Absatz ist höher als im Sommer 2018. Auch die Ertragslage verbessert sich leicht. Mit Blick auf die kommenden Monate rechnen die Gastronomen mit einer stabilen Nachfrageentwicklung.

Bei den Beherbergungsbetrieben steigt der Zimmerbelegungsgrad wieder. Die Logiernachtzahlen von Inländern und Ausländern übertreffen die Werte aus dem Vorjahr. Da die Betriebe mit weiter steigenden Zahlen rechnen, sehen sie bei den Preisen Spielräume und ziehen vermehrt Preiserhöhungen in Betracht.

Die Finanz- und Versicherungsdienstleister sind mit ihrer Lage zufriedener. Die Unternehmen rechnen mit einer positiven Entwicklung ihrer Erträge in der nächsten Zeit.

Im Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen weisen die Umfrageergebnisse auf eine wieder etwas günstigere Geschäftslage hin. Vor einem Jahr war die Lage allerdings erheblich besser. Die Nachfrage nach den Diensten der Institute belebt sich im Juli stärker als in den Vormonaten. Da die Betriebsausgaben jüngst kaum noch gestiegen sind und die Betriebseinkommen deutlicher im Plus waren als zuvor, verschlechtert sich die Ertragslage nicht mehr. Hinsichtlich der weiteren Geschäftsentwicklung sind die Unternehmen zuversichtlicher als in den Vormonaten.

Bei der Untergruppe der Banken ist insbesondere die Nachfrage von Seiten inländischer Firmenkunden lebhafter. Allerdings bewerten die Bankinstitute die Bonität dieser Kundengruppe etwas skeptischer als bisher. Mit Blick auf die kommenden Monate rechnen die Institute mit einem nicht mehr ganz so stark wachsenden Kreditgeschäft. Die Erträge sollen aber dennoch wieder stärker zunehmen. Vor allem für das Kommissionsgeschäft, das sich in den vergangenen Monaten nicht sonderlich gut entwickelte, sind die Banken optimistisch.

Im Wirtschaftsbereich übrige Dienstleistungen ist die Lage wieder besser, die Erträge entwickeln sich leicht positiver und die Nachfrage soll in den kommenden Monaten zunehmen.

Bei den übrigen Dienstleistern hellt sich die Geschäftslage auf. Die Nachfrage steigt verstärkt. Die Auslastung der Unternehmen ist aber dennoch nicht höher als zur selben Zeit des Vorjahres. Die Ertragslage entwickelte sich leicht positiver als im Vorquartal. Die Zahl der Mitarbeitenden soll unvermindert steigen.

Insbesondere die Erbringer wirtschaftlicher Dienstleistungen korrigieren ihre Rekrutierungspläne nach oben, da sie für die weitere Nachfrageentwicklung optimistischer sind als bisher. Insgesamt rechnen die Dienstleistungsunternehmen mit einer stärkeren Belebung der Nachfrage als im Vorquartal. Allerdings waren die Unternehmen im Sommer vergangenen Jahres bezüglich der Nachfrageentwicklung noch positiver eingestellt.

In die Ergebnisse der aktuellen KOF Konjunkturumfragen vom Juli 2019 sind die Antworten von mehr als 4’500 privatwirtschaftlichen Unternehmen aus der Industrie, dem Baugewerbe und den wichtigsten Dienstleistungsbereichen eingeflossen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von etwa 57%.

Kontakt

Dr. Klaus Abberger
  • LEE G 121
  • +41 44 632 51 56

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
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Schweiz

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