KOF Globalisierungsindex: Schwächerer Welthandel bremst Globalisierung
Der Grad der weltweiten Globalisierung hat zuletzt nur noch leicht zugenommen. Die protektionistischen Tendenzen in vielen Teilen der Welt dürften sich dämpfend auswirken. Auch die soziale Globalisierung kommt kaum noch voran. Die Schweiz, die Niederlande und Belgien sind die insgesamt am stärksten globalisierten Länder weltweit.
Der weltweite Grad der Globalisierung hat zwischen den Jahren 1990 und 2007 rasant zugenommen. Die Finanzkrise und die darauffolgende Grosse Rezession haben diese Entwicklung aber abgebremst. Auch im Jahr 2017, dem aktuellsten vom KOF Globalisierungsindex erfassten Jahr, stieg der Grad der weltweiten Globalisierung nur leicht an.
Die ökonomische Globalisierung schreitet schon seit der Finanzkrise von 2007 kaum mehr voran. Dabei muss aber zwischen der finanziellen Globalisierung und der Handelsintegration unterschieden werden. Während die internationalen Finanzflüsse (de facto finanzielle Globalisierung) bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen (de jure finanzielle Globalisierung) seit einigen Jahren wieder zunehmen, zeigt sich eine Schwäche beim Handel. Die internationale Handelsintegration (de facto Handelsglobalisierung) ist seit dem Jahr 2014 gesunken und die aktuellen Tendenzen deuten auf eine weitere Abschwächung im Welthandel hin. Die Rahmenbedingungen für den Handel haben sich seit 2014 zwar verbessert. Allerdings sind die gegenwärtigen Handelskonflikte zwischen den USA und China sowie zwischen den USA und der Europäischen Union im aktuellen Index noch nicht abgebildet. Die ersten Zollerhöhungen durch die USA erfolgten zu Beginn des Jahres 2018 mit der Einführung von erhöhten Zollsätzen auf Waschmaschinen und Solarpanels aus China, sowie auf Stahlprodukte aus verschiedenen Ländern zur Jahresmitte.
Auch die soziale Globalisierung kommt seit einigen Jahren kaum noch voran. Während die Intensität der persönlichen Kontakte (gemessen etwa durch Tourismusströme oder Migration) stagniert, nehmen die Informationsflüsse (gemessen etwa durch Patentanmeldungen oder Hochtechnologiehandel) weiter zu. Gleichzeitig zeigt sich eine leichte Abwärtstendenz bei der kulturellen Globalisierung. Der Grad der politischen Globalisierung nimmt, gemessen am aktuellen Index, derweil weiter zu.
Länderbetrachtung
Die Schweiz war im Jahr 2017 weiterhin das am stärksten globalisierte Land der Welt, danach folgen die Niederlande und Belgien. Die Schweiz ist in allen Kategorien (ökonomisch, sozial und politisch) stark globalisiert. Einerseits hat das Land eine hohe Aussenhandelsquote und ist auch im Finanzbereich aufgrund des Bankenplatzes und als Sitz vieler internationaler Holdinggesellschaften stark mit dem Ausland verflochten. Andererseits führen die geografische Lage, die kulturelle Vielfalt und das hohe Einkommensniveau auch zu einer hohen Integration im sozialen Bereich. Schliesslich dürften sich die vielen internationalen Organisationen, die ihren Sitz in der Schweiz haben, positiv auf die politische Globalisierung des Landes auswirken. Auf den weiteren Rängen folgen Schweden, das Vereinigte Königreich, Österreich, Deutschland, Dänemark, Finnland und Frankreich.
Aufgrund ihrer stärkeren Verflechtung, beispielsweise mit Nachbarstaaten, sind kleine Länder tendenziell stärker globalisiert als grosse Länder. Bei Letzteren findet ein Grossteil des Austausches innerhalb des Landes statt. So sind die grössten Volkswirtschaften der Welt eher im Mittelfeld des Globalisierungsrankings zu finden. Die USA liegen bei der ökonomischen Globalisierung auf Rang 59, bei der sozialen und politischen Globalisierung auf den Plätzen 27 und 14. Die Volksrepublik China liegt im Gesamtindex im unteren Drittel auf Platz 80. Während China bei der politischen Globalisierung auf Rang 26 liegt, ist sein Grad der ökonomischen und sozialen Globalisierung deutlich geringer. Die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt, Japan, befindet sich auf Platz 37. Grosse Volkswirtschaften der EU, wie Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Spanien, sind aufgrund ihrer hohen ökonomischen, sozialen und politischen Verflechtungen innerhalb der EU insgesamt deutlich stärker globalisiert.
Grafiken und Tabellen zum KOF Globalisierungsindex finden Sie Download hier (PDF, 259 KB).
Methodik
Der KOF Globalisierungsindex misst die wirtschaftliche, soziale und politische Dimension der Globalisierung. Er dient der Beobachtung von Veränderungen des Grads der Globalisierung von Ländern über einen langen Zeitraum. Der aktuelle KOF Globalisierungsindex liegt für 195 Länder und den Zeitraum 1970 bis 2016 vor. Im Index wird zwischen der de facto und der de jure Globalisierung im Gesamtindex, sowie in der ökonomischen, sozialen und politischen Komponente unterschieden. Der Index misst die Globalisierung auf einer Skala von 1 bis 100. Die Werte der zugrundeliegenden Variablen werden in Perzentile unterteilt. Es werden 42 unterschiedliche Variablen verwendet, die anhand statistisch ermittelter Gewichte (Hauptkomponentenanalyse) aggregiert werden.
Der Teilbereich der ökonomischen Globalisierung enthält einerseits den Bereich Handelsflüsse und andererseits Finanzflüsse. Die de facto Handelsglobalisierung wird anhand des Güter- und Dienstleistungshandels ermittelt. Die de jure Handelsglobalisierung beinhaltet Zölle, Steuern und Handelsbeschränkungen. Die de facto finanzielle Globalisierung umfasst Auslandsinvestitionen in verschiedenen Kategorien. Die de jure finanzielle Globalisierung beinhaltet Investitionsbeschränkungen, die Offenheit der Kapitalbilanz sowie internationale Investitionsabkommen.
Der Teilbereich der sozialen Globalisierung besteht seinerseits aus drei Bereichen für welche je ein de facto und ein de jure Bereich ausgewiesen wird. Persönliche Kontakte werden im de facto Bereich anhand von internationalen Telefonverbindungen, Tourismusströmen und Migration gemessen. Im de jure Bereich anhand von Telefonabonnementen, internationalen Flughäfen und Visarestriktionen. Informationsflüsse werden im de facto Bereich anhand von internationalen Patentanmeldungen, internationalen Studenten und Hochtechnologiehandel ermittelt. Im de jure Bereich wird der Zugang zu TV und Internet, die Pressefreiheit und die internationalen Internetverbindungen gemessen. Kulturelle Nähe besteht im de facto Bereich aus Handel mit Kulturgütern, Registrationen internationaler Markenrechte sowie die Zahl der McDonalds-Restaurants und IKEA-Läden. Der de jure Bereich wird anhand von Bürgerrechten, Geschlechtergleichheit und Bildungsstand gemessen.
Der Teilbereich der politischen Globalisierung wird im de facto Bereich anhand der Zahl von Botschaften, internationalen Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) und Teilnahme in UN-Friedensmissionen ermittelt. Der de jure Bereich beinhaltet Variablen zur Mitgliedschaft in internationalen Organisationen und internationalen Verträgen.
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