Corona-Krise hat auch für Selbständige finanzielle und psychologische Folgen
Über die Auswirkungen der Corona-Krise auf Selbständige ist noch wenig bekannt. Eine Umfrage des KOF Instituts und der Universität Lausanne unter 1000 Selbständigen und FirmeninhaberInnen zeigt: Der Lockdown hat teils zu massiven Umsatzverlusten und psychischen Problemen geführt. Vor allem Selbständige, die ihren Betrieb schliessen mussten, berichten von einem deutlich gesunkenen Haushaltseinkommen und Angst um ihre wirtschaftliche Existenz.
Die Corona-Krise und der damit verbundene Lockdown haben die betriebliche, persönliche und psychische Situation der Selbständigen und FirmeninhaberInnen in der Schweiz deutlich beeinflusst. Dies zeigen Befragungen, welche die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Lausanne (HEC Lausanne) im Rahmen des Enterprise for Society Centers und die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich durchgeführt haben. An der Umfrage Mitte April nahmen rund 1000 Selbständige, Angehörige von freien Berufen und FirmeninhaberInnen teil.
Die Resultate zeigen, dass die Umsatzverluste der Selbständigen im April teilweise enorm waren. Am höchsten waren die Einbussen in der Hotellerie und Tourismusbranche – im Median 100 Prozent. Grosse Umsatzverluste verzeichneten auch Restaurants und Bars (Median: -96 Prozent), CoiffeurInnen und die Kosmetikbranche (-90 Prozent) sowie der Bereich Kunst und Kultur (-70 Prozent).
Das finanzielle Polster zur Abfederung der Krise ist bei vielen Selbständigen gering. Mehr als die Hälfte der Betriebe verzeichnete einen starken oder sehr starken Rückgang der Liquidität bzw. des finanziellen Spielraums. Für viele Selbständige betrug der Umsatzverlust im April mehr als die Hälfte des gesamten privaten Finanzvermögens. Trotzdem scheinen sich insgesamt noch relativ wenige wegen der Krise zusätzlich verschuldet zu haben.
Markant verschlechterte psychische Situation
Die schwierige betriebliche Lage hat Folgen für die persönliche und psychische Situation der Befragten. Rund 50 Prozent von ihnen berichten von einem gesunkenen Haushaltseinkommen. Bei den Selbständigen, die ihren Betrieb während des Lockdowns ganz schliessen mussten, sind es rund 75 Prozent.
Bei Letzteren hat sich auch die psychische Situation während des Lockdowns markant verschlechtert. 13% der Befragten gaben an, dass sie Anfang März Angst um ihre wirtschaftliche Existenz hatten. Zum Zeitpunkt der Befragung empfanden 52 Prozent solche Ängste. Der Anteil derjenigen mit depressiven Verstimmungen stieg in dieser Gruppe von 10 auf 26 Prozent, jener mit Spannungen in der Partnerschaft von 11 auf 24 Prozent. Der Anteil jener, die psychologische oder psychiatrische Hilfe beanspruchten, blieb allerdings stabil.
Wiedereröffnung kommt offenbar zur richtigen Zeit
Rund die Hälfte der Befragten, die ein Coiffeur- oder Kosmetikstudio betreiben, gaben Mitte April an, dass ihr Betrieb den Stillstand noch maximal einen Monat verkraften kann. Auch BetreiberInnen von Bars und Restaurants antworteten zumeist, dass sie den Stillstand nicht mehr lange durchhalten können. Nimmt man diese Angaben beim Wort, so kam und kommt die Wiedereröffnung für diese Branchen am 27. April bzw. 11. Mai gerade zur richtigen Zeit.
Im Zuge der Corona-Krise hat der Bund Massnahmen ergriffen, um die wirtschaftlichen Folgen für Firmen und Selbständige abzufedern. Trotz aller Schwierigkeiten scheinen die Selbständigen mit diesen Massnahmen bemerkenswert zufrieden zu sein. 54 Prozent beurteilen die Massnahmen des Bundes als «genau richtig». Über alle Branchen hinweg sagen allerdings auch 29 Prozent, dass die Massnahmen eher oder klar nicht ausreichen. Bei den Befragten, die ihren Betrieb schliessen mussten, liegt dieser Anteil bei 38 Prozent. Zudem zeigen sich auch regionale Unterschiede, die mit der Betroffenheit der Regionen von der Pandemie korrespondieren. So empfinden 42 Prozent der befragten Selbständigen im Tessin die Massnahmen als eher oder klar unzureichend.
Einen ausführlichen Bericht zur Umfrage finden Sie Download hier (PDF, 1.8 MB).
Grafiken finden Sie Download hier (PDF, 240 KB).
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