Preise, Zinsen, Geldsystem: Spannende Debatte über die Zukunft der Wirtschaft

Beim KOF Wirtschaftsforum diskutierten UBS-Chefökonom Daniel Kalt, Preisüberwacher Stefan Meierhans und Hans Gersbach, Co-Direktor der KOF, über die Entwicklung von Konjunktur, Zinsen und Preisen sowie über Zukunftsszenarien für unser Geldsystem. Moderiert wurde die Veranstaltung von Sylvia Walter, Redaktorin bei Finanz und Wirtschaft.

Die gute Nachricht vorab: Die Inflationsgefahr in der Schweiz scheint überwunden. «Die Inflation ist da, wo wir sie haben wollen, nämlich im Zielband der Zentralbank zwischen 0 und 2 Prozent», sagte Daniel Kalt, Chefökonom der Grossbank UBS. Auch in der Eurozone sei die Inflation auf dem Rückzug. Er rechne deshalb mit baldigen Zinssenkungen. Die Europäische Zentralbank werde seiner Einschätzung nach bereits im Juni die Leitzinsen senken und in der Schweiz erwarte er bis September zwei weitere Zinsschritte nach unten.

Auch konjunkturell ist der Ausblick weniger trüb als noch vor einiger Zeit befürchtet. Für die USA, die Lokomotive der Weltkonjunktur, erwarte er im Basisszenario ein «soft landing», also eine Abbremsung der Inflationsdynamik ohne Konjunktureinbruch. «Die USA sind überraschend resilient», so Kalt.

Geopolitik und Ölpreise als Risikofaktoren

Freilich gebe es auch Risiken für die Wirtschaft. Zum einen sei die Zinslastquote in vielen Ländern, vor allem in den USA, deutlich angestiegen, was die Staatshaushalte belaste. Zum anderen könnte eine geopolitische Eskalation in der Ukraine oder im Nahen Osten in der Lage sein, die Ölpreise auf bis zu 140 Dollar pro Barrel steigen zu lassen, was die Inflation wieder anheizen würde und die Zentralbanken von ihrem Zinssenkungskurs abbringen würde.

Für die Schweiz ist der Ausblick des UBS-Chefökonomen jedoch optimistisch. Die Staatsverschuldung und die Zinslastquote seien deutlich niedriger als in anderen europäischen Ländern und im Bereich Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit sei die Schweiz in vielen Rankings weltweit unter den besten Ländern.

«Wirksamer Wettbewerb» bestes Gegenmittel gegen Preissteigerungen

Dass Preisstabilität nicht nur ein akademisches Thema sei, sondern die Sorgen und Nöte der Menschen im Land bestimme, erläuterte Preisüberwacher Stefan Meierhans vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Ihn hätten auf dem Höhepunkt der Inflationskrise viele Zuschriften von besorgten Bürgern und Bürgerinnen erreicht. Aktuell treibe vor allem die geplante Erhöhung der Gesundheitsprämie um durchschnittlich 8.7 Prozent die Menschen um.

Für ihn sei «wirksamer Wettbewerb» das beste Mittel gegen Preissteigerungen. Dort, wo der Wettbewerb eingeschränkt sei, müsse der Staat eingreifen – «zur Verhinderung von Missbräuchen in der Preisbildung durch marktmächtige Unternehmen und Organisationen des privaten und des öffentlichen Rechts», wie er aus der Verfassung zitierte.

Neue Technologien ermöglichen Weiterentwicklung des Geldsystems

Im abschliessenden Vortrag stellte Hans Gersbach, Co-Direktor der KOF und Inhaber des Lehrstuhls für Macroeconomics: Innovation and Policy an der ETH Zürich, vier Optionen für die Weiterentwicklung des Geldsystems vor: Kryptowährungen, Stablecoins, Central Bank Digital Currencies und tokenisiertes Buchgeld.

In Bezug auf Kryptowährungen zeigte er sich skeptisch, da sie die Geldfunktionen nicht bzw. kaum erfüllen. Kryptowährungen seien eher eine neue Assetklasse («digitales Gold»). Stablecoins, eine spezielle Klasse von Kryptowährungen, die einen stabilen Wert verspricht, meist gegenüber einer nationalen Währung, können seiner Einschätzung nach eine Nischenrolle im zukünftigen Geldsystem spielen. Optimistischer sei er für Central Bank Digital Currencies, eine digitale Form des Zentralbankgeldes, verfügbar für die Nicht-Banken. Auch in tokenisiertem Buchgeld, bei dem Ansprüche auf Vermögenswerte in digitaler und handelbarer Form erfasst werden, sehe er Potenzial. Tokensiertes Buchgeld ermögliche unter anderem eine im Voraus vertraglich festgelegte, bedingte Ausführung von Transaktionen («smart contracts») und könne so sogar helfen, das Risiko von Bank-runs zu senken. Tokenisiertes Buchgeld liesse sich auch einfach in das bestehende monetäre System integrieren.

Wichtig sei zudem neben dem Einsatz der neuen Technologien den Wettbewerb durch die privaten Anbieter zuzulassen, aber auch die dafür angemessene Regulierung zu entwerfen, damit mehr Transparenz und Rechtssicherheit für die neuen Geldformen und Transaktionsmöglichkeiten geschaffen wird.  

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