Robuster Aufschwung in den Vereinigten Staaten

Am 8. November 2016 wird in den Vereinigten Staaten ein neuer Präsident gewählt. In dem langwierigen und oft polemischen Wahlkampf standen wirtschaftspolitische Themen nur vereinzelt im Vordergrund – trotz stark divergierender Standpunkte. Derzeit lassen Meinungsumfragen darauf schliessen, dass Hillary Clinton gewählt wird, womit eine Fortsetzung der derzeitigen Wirtschaftspolitik zu erwarten wäre. Trotz eines zeitweise ungewissen Wahlausgangs dürften die konjunkturellen Auswirkungen gering sein.

Quelle: Shutterstock
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Unsicherheit über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung wirkt sich dämpfend auf die Investitionstätigkeit und Konsumneigung aus. Eine Kontinuität der Wirtschaftspolitik trägt somit viel zu einer robusten konjunkturellen Dynamik bei. Ungewissheit über den Ausgang von Wahlen ist insbesondere bei starken politischen Divergenzen der Kandidaten relevant. Im laufenden Wahlkampf zeigten sich beispielsweise starke Meinungsunterschiede hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung der Fiskalpolitik sowie bei der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Dagegen stimmen die aussenpolitischen Ansichten zumindest bezüglich einer eher kritischen Haltung gegenüber neuen Freihandelsabkommen überein.

Meinungsumfragen und Markterwartungen deuten derzeit mehrheitlich auf eine Wahl Hillary Clintons und damit tendenziell auf eine Fortführung der derzeitigen Wirtschaftspolitik hin. Auch dürfte die Umsetzung bedenklicher innenpolitischer Wahlversprechen in den meisten Fällen auf Widerstand im Kongress stossen. Diese auf Kontinuität hindeutende Ausgangslage zeigt sich auch in den Unsicherheits- und Stimmungsindikatoren. Der Economic Policy Uncertainty Index (siehe auch Beitrag «Unsicherheit messen»), der die Häufigkeit von mit wirtschaftlicher Unsicherheit assoziierten Begriffen in Zeitschriften misst, liegt derzeit auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau (siehe G 5). Auch der Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management, ein verlässlicher Frühindikator für die US-Konjunktur, befindet sich unbeirrt von der politischen Ungewissheit im expansiven Bereich. Das vom Conference Board erhobene Konsumentenvertrauen zeigt gegenwärtig eine gute Stimmung bei den Verbrauchern, während der zukunftsgerichtete Subindikator dagegen auf etwas eingetrübte Erwartungen hindeutet.

Unsicherheits- und Stimmungsindikatoren USA

Unbeirrte konjunkturelle Entwicklung

Die Ungewissheit über den Wahlausgang nahm über die Sommermonate zeitweise zu, da Donald Trump seinen Rückstand in den Umfragen beständig verkürzen konnte. Die dadurch erzeugte wirtschaftspolitische Unsicherheit hatte allerdings kaum Auswirkungen auf die Konjunktur. Die US-amerikanische Wirtschaft befindet sich weiterhin in einem robusten Aufschwung. Gemäss der ersten Schätzung des Bureau of Economic Analysis setzte die gesamtwirtschaftliche Produktion im 3. Quartal 2016 mit einer annualisierten Veränderung von 2.9% gegenüber dem Vorquartal ihre Erholung weiter fort. Die Arbeitslosenrate liegt derzeit bei 5% und damit nahe bei Vollbeschäftigung. Auch der Anteil der Beschäftigten und Arbeitsuchenden hat sich bei ungefähr 63% der erwerbsfähigen Bevölkerung stabilisiert, was von der amerikanischen Notenbank, der Federal Reserve (Fed), unter Berücksichtigung des demografischen Wandels als positives Zeichen gewertet wird.

Der dynamische Arbeitsmarkt beschleunigt allmählich das Lohnwachstum, was bald auch den Preisdruck erhöhen dürfte. Bereits jetzt führen auslaufende Basiseffekte früherer Rohstoffpreisrückgänge zu steigenden Inflationsraten. So kam die Vorjahresveränderung des Konsumentenpreisindex zuletzt bei 1.5% zu liegen und die Kerninflationsrate, ohne Energie und unverarbeitete Lebensmittel, betrug im September 2.2%. Die anziehende Teuerung und die guten Beschäftigungsaussichten dürften die Fed in ihrer Absicht bekräftigen, das Zielband für die Federal Funds Rate bis Ende Jahr auf 0.5 bis 0.75% zu erhöhen.

Enge Handelsverflechtungen zwischen Schweiz und USA

Da die Vereinigten Staaten ein wichtiger Absatzmarkt für Schweizer Exporteure sind, ist eine stabile Expansion auch für die Schweiz von grosser Bedeutung. Durch die vergleichsweise robuste wirtschaftliche Entwicklung in den USA hat sich die Nachfrage nach Schweizer Gütern seit der Finanzkrise nominal verdoppelt. Schweizer Unternehmen exportierten gemäss den Directions of Trade Statistics des Internationalen Währungsfonds im Jahr 2015 Waren im Wert von mehr als 30 Mrd. US-Dollar über den Atlantik, was einem Anteil von ungefähr 9% an den gesamten Exporten entspricht. Damit sind die USA nach Deutschland das zweitwichtigste Absatzland für Exportgüter. Ausserdem werden rund 45% des Schweizer Warenhandelsüberschusses im Handel mit den USA erzielt.

Fast die Hälfte der Warenexporte in die USA machten in den vergangenen Jahren chemische Produkte aus, insbesondere Medikamente und andere pharmazeutische Erzeugnisse. Einen anteilsmässig geringer werdenden, aber mit mehr als 10% nach wie vor sehr wichtigen Bestandteil stellen die breit diversifizierten Maschinenexporte. Weitere wichtige Ausfuhrgüter sind Uhren und medizinische Instrumente mit je etwa 10%.

Umgekehrt exportierten die Vereinigten Staaten im Jahr 2015 Waren im Wert von mehr als 22 Mrd. US-Dollar in die Schweiz, was jedoch einem Anteil von lediglich 1 bis 2% des gesamten US-amerikanischen Exportvolumens entspricht. Fast die Hälfte der Importe aus den USA sind Edelmetalle, insbesondere nicht monetäres Gold, das zur Raffination in die Schweiz kommt. Rund 20% machen chemische Produkte, vor allem Arzneimittel, aus. Maschinen und Transportmittel haben dagegen noch einen Anteil von etwa 10% des Importvolumens in die Schweiz.

Beim Dienstleistungshandel sind die Vereinigten Staaten sogar der wichtigste Handelspartner der Schweiz: 16% der Dienstleistungsexporte und mehr als 20% der Importe stammen aus den Handelsbeziehungen mit den USA. Dabei handelt es sich zu einem Drittel um Lizenzgebühren, aber auch Geschäftsdienstleistungen und ICT-Dienste spielen im Dienstleistungshandel zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten eine wichtige Rolle. Zudem stellen die Amerikaner rund 9% der ausländischen Logiernächte, womit die USA auch ein wichtiger Absatzmarkt für Tourismusdienstleistungen sind.

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