Neue Technologien und Produktivität: Welche Rolle spielt das Bildungsniveau?
Häufig wird berichtet, dass neue Informations- und Kommunikationstechnologien insbesondere die Produktivität von hoch qualifizierten Arbeitnehmenden erhöhen. Die meisten Forschungsarbeiten dazu beziehen sich jedoch nur auf Angestellte mit Universitätsabschluss. Eine neue Studie untersucht den Einfluss dieser Technologien auf die Produktivität von Angestellten unterschiedlicher Bildungsniveaus.
In der ökonomischen Literatur wird weitgehend suggeriert, dass neue Technologien die Produktivität insbesondere bei hochgebildeten Angestellten erhöhen, da diese über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, die Technologien zu nutzen. Doch trotz der Vielfältigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) betrachten die meisten Studien diese bei der Bewertung ihrer Auswirkungen auf die Produktivität von Unternehmen als homogenen Inputfaktor. Diese Betrachtung ist jedoch ungenau, da Informationstechnologien (IT) und Kommunikationstechnologien (KT) unterschiedliche Auswirkungen auf die Produktivität haben.
Unterschiede zwischen IT und KT
Die IT vergünstigt den Zugang zu Informationen, wodurch die Arbeitnehmenden mehr Autonomie und Kontrolle erhalten. Sie verlagert somit die Entscheidungsverantwortung von der Management- auf die Produktionsebene und induziert so die Dezentralisierung. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die IT die Produktivität von Arbeitnehmern in der Mitte der Bildungsverteilung am stärksten erhöht, welche die IT für den Produktionsprozess nutzen. Hingegen profitieren Angestellte am unteren und oberen Ende der Bildungsverteilung relativ weniger davon. Beispiele für IT sind betriebswirtschaftliche Tools wie Enterprise Resource Planning (ERP), Supply Chain Management (SCM) oder Customer Relationship Management (CRM).
Im Gegensatz dazu senkt die KT die Kommunikationskosten und führt dadurch zu einem zentralisierteren Management. Sie gibt der Managementebene Kontrollmöglichkeiten über eine grössere Anzahl von Mitarbeitern und reduziert gleichzeitig den Entscheidungsspielraum der Produktionsarbeiter. Folglich dürften hoch qualifizierte Angestellte, die häufiger Führungspositionen innehaben, von KT besonders profitieren. Ein Paradebeispiel für KT ist die Nutzung des Intranets unter den Mitarbeitern. Diese Analyse stützt sich auf eine Umfrage auf Firmenebene, die von der KOF zwischen 2005 und 2017 durchgeführt wurde. Die Erhebung enthält Informationen über das Bildungsniveau der Beschäftigten und über den Einsatz von Technologien. Die Beschäftigten werden entsprechend ihrem höchsten Bildungsniveau in vier Kategorien unterteilt: Arbeitnehmer mit obligatorischer Schulbildung («Lower»), Arbeitnehmer mit beruflicher Grundbildung («Trained»), Arbeitnehmer mit einem Berufsbildungsabschluss auf der Tertiärstufe («Advanced») und Arbeitnehmer mit einem Universitätsabschluss («Academic»). Die Verbreitung von KT wird als Anteil der Arbeitnehmer gemessen, die das Intranet regelmässig nutzen. Die Verbreitung von IT wird mithilfe des Einsatzes von ERP, CRM und SCM in den Unternehmen gemessen.
IT besonders vorteilhaft für Arbeitnehmer mit tertiärer Berufsbildung
Grafik G11 zeigt die Masse für Komplementarität zwischen IT und den vier Bildungskategorien. Das Mass ist am höchsten für die Bildungskategorie Advanced und IT. Folglich besteht hier die grösste Komplementarität. Mit anderen Worten: Die Verfügbarkeit von IT erhöht die Produktivität der Bildungsgruppe Advanced am meisten. Die Komplementarität von IT und Trained sowie Academic ist weniger hoch, während die Komplementarität von IT und Lower am tiefsten ist.
KT besonders komplementär für Akademiker
Grafik G12 zeigt die Masse für Komplementarität zwischen KT und den vier Bildungskategorien. Diese Abbildung deutet darauf hin, dass die KT besonders komplementär zur Bildungskategorie Academic sind. Im Gegensatz dazu zeigen alle andere Masse eine ähnlich hohe Komplementarität mit IT.
Die Studie zeigt, dass die Komplementarität zwischen IKT und dem Ausbildungsniveau sich je nach Technologie stark unterscheidet. Für die IT-Nutzung weisen Arbeitnehmer mit einer tertiären Berufsausbildung die grösste Komplementarität auf. Im Gegensatz dazu weisen Arbeitnehmer mit einem Universitätsabschluss den grössten Grad an Komplementarität mit KT auf.
Empirische Methoden
Zur Abschätzung von Komplementaritäten verwenden die Autoren eine quantitative Regressionsanalyse. Insbesondere schätzen sie Produktionsfunktionen auf Unternehmensebene, welche die Messungen des Bildungsniveaus der Arbeitnehmer, die Nutzung von IT oder KT und die Interaktionsterme zwischen diesen beiden Gruppen von Inputs umfassen. Die relative Grösse der Interaktionsterme der Bildungsvariablen mit diesen Technologien stellt das Mass für Komplementarität dar. Die 95%-Konfidenzintervalle weisen die statistische Unsicherheit aus. Die Panelstruktur der Daten berücksichtigt die unbeobachtete Heterogenität, indem sie die innerbetriebliche Variation über die Zeit ausnutzt. Die Schätzungen werden weiterhin nach dem Anteil des physischen Kapitals und der Computernutzer kontrolliert. So wird die Verzerrung durch ausgelassene Variablen aufgrund anderer computergestützter Technologien berücksichtigt.
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