
Wissens- und Technologietransfer: Ein Schlüssel zur Erklärung der Innovationskraft der Schweiz
Der Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschulen und der Privatwirtschaft in der Schweiz funktioniert relativ gut. Das ist ein Ergebnis des Monitoringberichts des Wissens- und Technologietransfers, den die KOF gemeinsam mit dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) durchgeführt hat. Doch es gibt auch Herausforderungen und Handlungsbedarf.
Im Rahmen der Studie «Monitoring des Wissens- und Technologietransfers in der Schweiz» werden verschiedene Indikatoren und Transfermechanismen analysiert, um den Status quo des Wissens- und Technologietransfers (WTT) zwischen Hochschulen1 und der Privatwirtschaft in der Schweiz zu bewerten und innovationspolitische Handlungsfelder zu identifizieren. Neben der nationalen Analyse liefert der Bericht für einige Indikatoren auch einen internationalen Vergleich.
Die untersuchten Indikatoren decken wichtige Aspekte des WTT ab und zeigen, wie gut Hochschulen und die Privatwirtschaft zusammenarbeiten, um neue Produkte und Dienstleistungen zu generieren. Insgesamt stellt die Studie dem Schweizer Wissens- und Technologietransfer ein gutes Zeugnis aus. Die Hochschulen sind für die Privatwirtschaft attraktiv. Die von der Privatwirtschaft finanzierten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) im Hochschulsektor haben sich im Untersuchungszeitraum verdoppelt.
Ausserdem hat die Bedeutung akademischer Patente im Zeitablauf zugenommen und unterstreicht die steigende «praktische» Bedeutung des an den Hochschulen generierten Wissens. Im Folgenden werden die wichtigsten Erkenntnisse der Studie zusammengefasst und Handlungsfelder für die Verbesserung des Wissens- und Technologietransfers identifiziert.
Wichtige Erkenntnisse aus der Studie
- F&E-Finanzierung:
Die von der Privatwirtschaft finanzierten Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Hochschulsektor haben sich im Untersuchungszeitraum in der Schweiz nahezu verdoppelt und erreichen im internationalen Vergleich hohe Anteile. Dies unterstreicht die starke Verflechtung von Wissenschaft und Wirtschaft in der Schweiz. Trotz der Zunahme der Finanzierungsmittel ist der privatwirtschaftliche Finanzierungsanteil der F&E an Hochschulen im Zeitverlauf relativ konstant bei etwa 10% geblieben, d.h., die Wirtschafts-Drittmittel sind im Gleichschritt mit dem Gesamtbudgets der Hochschulen gestiegen. - Patentierung:
Patente, die auf Erfindungen von Wissenschaftern und Wissenschafterinnen beruhen (akademische Patente), spielen insbesondere für KMU eine grosse Rolle. Die Bedeutung akademischer Patente hat in der Schweiz im Zeitablauf zugenommen und unterstreicht die steigende «praktische» Bedeutung des an den Hochschulen generierten Wissens. Jedoch ist der Anteil der akademischen Patente an allen Patentanmeldungen im internationalen Vergleich gering. Dem steht ein hoher Anteil an Ko-Patenten gegenüber (Patentanmeldungen gemeinsam durch Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen). Dies deutet einerseits auf eine selektivere Patentierung von akademischem Wissen hin, andererseits aber auch auf eine relativ hohe Marktrelevanz des patentierten akademischen Wissens. Patente, die gemeinsam von Hochschulen und Unternehmen gehalten werden, weisen in der Regel einen vergleichsweise hohen Marktwert auf. - Internationale Kooperationen und Ko-Publikationen:
Die Schweiz verzeichnet eine hohe Zahl an Ko-Publikationen (d.h. wissenschaftliche Artikel mit Autoren und Autorinnen aus Hochschulen und Privatwirtschaft), die über die Zeit deutlich zunehmen. Das unterstreicht die privatwirtschaftliche Relevanz der Forschung an den Hochschulen und verweist auf die zunehmende Bedeutung dieses Transferkanals. Internationale Forschungskooperationen, insbesondere im Rahmen von EU-Programmen, sind wichtig. In über 70% der EU-Forschungsprojekte kooperierten die Schweizer Wissenschaftseinrichtungen nur mit ausländischen Unternehmen. Das hebt die grosse Bedeutung internationaler Wissensflüsse für die Generierung von Spitzentechnologien hervor. - Lizenzierung, Spin-offs und Start-ups:
Der Anstieg der Lizenzvereinbarungen von Hochschulen, die im jeweiligen Jahr Einnahmen generiert haben, ist ein positives Zeichen für die Kommerzialisierung von Technologie. Die Anzahl der Spin-offs, die auf geistigem Eigentum (IP) aus Schweizer Hochschulen basieren, zeigt bis 2019 ebenfalls einen positiven Trend, seitdem wird jedoch ein Rückgang beobachtet. Gleichzeitig nehmen Unternehmensgründungen ohne formelle Lizenzierung (Start-ups) zu. - Fördermittel und Innovationsprojekte:
Bei nahezu gleich bleibendem Fördervolumen hat über den gesamten Untersuchungszeitraum die Anzahl der von Innosuisse geförderten Innovationsprojekte mit Umsetzungspartnern seit 2021 deutlich abgenommen. Dies deutet darauf hin, dass Innosuisse verstärkt grössere und umfangreichere Projekte fördert. Der hohe Anteil an Fördergeldern für Projekte mit Start-ups (fast ein Drittel der Gesamtausgaben) zeigt, dass ein Fokus von Innosuisse auch auf risikoreichen Projekten liegt.
Herausforderungen und Handlungsfelder
- Vielfalt der Transferwege offenhalten:
Der Wissensaustausch erfolgt über viele verschiedene Kanäle. Sie reichen von gemeinsamer Forschung, F&E-Aufträgen, Gutachten, Lizenzierung von IP-Rechten, Unternehmensgründungen, Konsortien mit Unternehmens- und Hochschulbeteiligung und Weiterbildung bis zu persönlichen Kontakten. Eine Transferpolitik sollte sich daher nicht nur auf die Förderung einiger weniger Transferformen wie beispielsweise F&E-Kooperationen konzentrieren, sondern die Voraussetzungen und Bedürfnisse unterschiedlicher Unternehmenstypen und Transfermechanismen berücksichtigen. - Kontinuität des Transfers sichern:
Wirtschaftliche Schocks, wie die COVID-19-Pandemie, können die Kooperationsbereitschaft und den Wissensaustausch negativ beeinflussen. Eine dem Konjunkturzyklus entgegengesetzte (antizyklische) Förderung durch staatliche Massnahmen kann helfen, die Kontinuität des Transfers zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. - IP-Regelungen für Spin-offs:
Eine effektive IP-Regelung ist entscheidend, um Hochschulwissen schnell in die Wirtschaft zu transferieren. Lange Verhandlungen und komplexe IP-Schutzverträge verzögern nicht nur den Wissenstransfer, sondern erschweren auch die Investorensuche. Massnahmen zur Förderung eines systematischen Dialogs über IP-Regelungen sind daher wichtig. Solche Massnahmen könnten die Entwicklung von «best practices», Leitlinien und Mustervereinbarungen für geistiges Eigentum unterstützen. Dies würde die Verhandlungskomplexität reduzieren und den gesamten Prozess effizienter gestalten. - Verbesserung der IP-Daten:
Es besteht Bedarf an verlässlichen Daten zur Bedeutung und zum Management von IP an Fachhochschulen. Hier sollte eine Datengrundlage geschaffen werden, um eine gute Basis für zukünftige Untersuchungen zur Bedeutung und gegebenenfalls zur Verbesserung des IP-Managements zu liefern.
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1Der Begriff «Hochschulen» umfasst in diesem Bericht neben den universitären Hochschulen (kantonale Universitäten und ETHZ/EPFL) auch die Forschungseinrichtungen des ETH-Bereichs (EMPA, EAWAG, PSI und WSL).
Hier finden Sie die Studie «Monitoring des Wissens- und Technologietransfers in der Schweiz»:
https://www.research-collection.ethz.ch/bitstream/handle/20.500.11850/691426/KOFStudie_Nr._179_WTTEndbericht.pdf?sequence=1&isAllowed=y
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