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Die Eskalation des USA-China-Handelskonflikts und die Schweizer Volkswirtschaft

Die Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China kommt nicht unerwartet. Dauert er länger an oder entwickelt er sich sogar zu einer Entkopplung, ergeben sich nach Berechnungen der KOF massive negative Auswirkungen auf sehr viele Länder – allen voran auf die USA und China selbst, aber auch auf die Schweiz trotz der «Zollpause».

Die aktuelle Eskalation zwischen China und den USA

Die fortschreitenden geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China frieren zu einem beträchtlichen Teil den direkten Handel zwischen diesen beiden Ländern ein. Aktuell (Stand: 14. April) sind auf beiden Seiten Zölle gegen Importe des jeweils anderen Landes von über 100% in Kraft, mit Ausnahmen bezüglich einiger Elektronikprodukte – insbesondere Smartphones, Laptops und Speicherchips – auf der Seite der USA und weiteren Exportbeschränkungen auf Seiten Chinas.

Die gewährten Ausnahmen reduzieren die Verluste für die US-Wirtschaft klar. Trotzdem leidet die US-Wirtschaft stärker als die chinesische Wirtschaft. Ohne die sogenannten Second-Layer Effekte würden sich  die folgenden Auswirkungen ergeben, wenn dieser Konflikt länger so andauern sollte.

Real Einkommensverluste

Abbildung 1: Die Abbildung zeigt gerundet das Verhältnis der prozentualen Veränderungen des realen Einkommens pro Jahr infolge der Eskalation des Handelskonfliktes zwischen den USA und China und bei den sonst bestehenden Zollmassnahmen der USA, gemäss dem KOF Handelsmodell. Eine vollständige Beschreibung der Aggregate findet sich im unten genannten KOF Working Paper.

Die Abbildung zeigt die hohen realen Einkommensverluste für die USA, welche selbst nach den gewährten Ausnahmen bestehen. Ein Hauptgrund ist die starke Abhängigkeit der US-Wirtschaft von chinesischen End- und Zwischenprodukten. Die Auswirkungen auf die Sektoren in den USA (und China) sind allerdings sehr heterogen und ein paar wenige Sektoren in den USA im Verarbeitenden Gewerbe zum Beispiel können auch profitieren. Insgesamt zeigt sich aber, dass es sehr schwer für die US-Administration ist, diesen Konflikt in dieser Form länger durchzuhalten.  

Die gegenseitigen Zölle zwischen den USA und China für sich allein sind zuerst einmal fast neutral für die Schweiz. Allerdings würden die Auswirkungen immer negativer werden, wenn der Konflikt länger dauert. Erstens würden die Disruptionen der Lieferketten auch die Schweizer Volkswirtschaft rasch beeinflussen und zweitens könnte die Europäische Union (EU) versuchen, sich gegen die erwarteten zusätzlichen Exporte aus China durch Zölle zu schützen. Drittens wird die Zurückhaltung bei Investitionen und das Warten auf die Lösung dieses Konflikts und den anderen offenen Zollkonflikten in den USA zur Verstärkung des Abschwungs beitragen. Viertens könnte die Schweiz, wenn sich zudem die geopolitische Auseinandersetzung zwischen China und den USA zu einem vollständigen «Decoupling»-Szenario verschärfen sollte, gezwungen sein, zwischen zwei Handelsblöcken wählen zu müssen.

Globale Entkopplung: China wäre der grosse Verlierer

Ein Entkopplungsszenario stellt eine extreme Eskalation bestehender globaler Konflikte dar. Ein Beispiel ist eine von den USA geführte wirtschaftliche Machtsphäre, der sich die EU, Norwegen, die Schweiz sowie die nicht zur EU gehörenden G7-Staaten (Kanada, Japan und das Vereinigte Königreich) anschliessen. Diese Länder verhängen erhebliche Handelsbarrieren gegenüber Exporten aus einer zweiten wirtschaftlichen Machtsphäre: China (einschliesslich Taiwan und befreundete Staaten), welche in gleicher Weise reagiert. Länder ausserhalb der beiden Sphären handeln weiterhin ohne direkte Störungen, sind jedoch von indirekten Auswirkungen betroffen.

Bei einer solchen Entkopplung drehen sich die Verluste und China ist nun der grosse Verlierer. In der Grafik unten sind die realen prozentualen Einkommensverluste allein aufgrund der Handelseffekte eingetragen relativ zu den USA.

Reale Einkommensverluste

Abbildung 2: Reale prozentuale Einkommensverluste von China, Deutschland, Frankreich und der Schweiz aufgrund der Handelseffekte relativ zu den USA.

Wichtig ist dabei, dass nicht alle Sektoren gleich verlieren. Zum Beispiel wären Präzisionsinstrumente und chemische Produkte aus der Schweiz in einem solchen Szenario stärker nachgefragt. Wie gross die absoluten Verluste sind, hängt davon ab, wie schnell die Entkopplung abläuft. In Gersbach, Maunoir and Walsh (2025) beschreiben die Autoren ausführlich diese möglichen Verluste. Es ist klar, dass eine rasche Entkopplung Produktionsstopps, Lieferengpässe, Firmenbankrotte und sehr starke Handelsverluste auslösen würde, welche in eine Weltwirtschafts- und Finanzkrise münden würde, welche deutlich tiefer und länger wäre als die globalen Krisen in den letzten Jahrzehnten.

«Aus Schweizer Sicht bleibt zu hoffen, dass die ökonomische Vernunft wieder stärker nach Washington zurückkehrt.»
Hans Gersbach, Co-Direktor der KOF.

Fazit und Ausblick

Die aktuelle Eskalation zwischen den USA und China ist ein erhebliches Risiko für die Weltwirtschaft und kann auch die Schweizer Volkswirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Es ist ein vielfach höheres Risiko als die 10%-Zölle, welche im Moment herrschen. «Aus Schweizer Sicht bleibt zu hoffen, dass die ökonomische Vernunft wieder stärker nach Washington zurückkehrt», sagt Hans Gersbach, Co-Direktor der KOF.   

Diese Einschätzungen basieren auf dem KOF Handelsmodell, das im KOF Working Paper «Resilience of Small Open Economies to Geopolitical Shocks: The Case of Switzerland» ausführlich beschrieben wird. Sie finden das Working Paper von Hans Gersbach, Paul Maxence Maunoir and Kieran James Walsh hier.

Kontakt

Prof. Dr. Hans Gersbach
Ordentlicher Professor am Departement Management, Technologie und Ökonomie und Co-Direktor der KOF Konjunkturforschungsstelle
  • +41 44 632 82 80
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