Olympische Medaillen

Wie der Sportsommer ohne WM und Olympia das Schweizer BIP verzerrt

Das Schweizer Bruttoinlandprodukt steigt in diesem Jahr um 1.0% -
sporteventbereinigt jedoch um 1.4%: Wie kommt diese Differenz zustande?

Die Tour de France von Lille nach Paris, das Tennis-Turnier Wimbledon und natürlich die Fussball-Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz: In diesem Sommer können sich Sportfans nicht über Langeweile beklagen. Allerdings findet in diesem Jahr kein Fussball-Grossturnier der Männer und keine Olympischen Spiele statt. Und das hat Auswirkungen auf das Schweizer Bruttoinlandprodukt.

Dank der Weltmeisterschaft steigt das Schweizer BIP im nächsten Jahr 

Nach Berechnungen der KOF wird das BIP in diesem Jahr um 1.0% wachsen und im nächsten Jahr um 1.9%. Bereinigt man das Schweizer BIP – wie in der Konjunkturforschung üblich – um Sportereignisse, sieht der Konjunkturverlauf anders aus. Demnach wird das BIP 2025 (ohne EM, WM oder Olympia) um 1.4% wachsen, während es 2026 (mit der Fussball-WM in den USA, Kanada und Mexiko) um 1.5% steigt. Vergleicht man die jährliche BIP-Wachstumsraten mit und ohne Sporteventbereinigung ergibt sich eine stattliche Differenz von 0.8 Prozentpunkten (+0.4 Prozentpunkte in diesem Jahr durch die Bereinigung und -0.4 Prozentpunkte im nächsten Jahr). 

Wie kommt dieser spürbare statistische Effekt zustande? «In der Schweiz sitzt neben dem Europäischen Fussballverband (UEFA) und dem Weltfussballverband (FIFA) auch das Internationale Olympische Komitee (IOC)», erklärt Alexander Rathke, Leiter der Sektion Schweizer Konjunktur, «und diese Organisationen verbuchen alle zwei Jahre durch den Verkauf von Übertragungs- und Markenrechten für EM, WM und Olympia hohe Einnahmen», so Rathke weiter.

Würden die Veranstaltungen jedes Jahr stattfinden, gäbe es diesen Effekt nicht. So sind die Einnahmen aus den Clubwettbewerben der UEFA (wie zum Beispiel der Champions League) gleichwohl höher. Da die Wettbewerbe aber jährlich stattfinden, beeinflussen sie die Wachstumsrate nicht so asymmetrisch. 

Anders könnte es mit der gerade in neuer Form stattfindenden Club-WM der FIFA sein. Mit budgetierten Einnahmen von 2 Mrd. Dollar könnte sie - je nachdem wie viel als Vorleitungen abgezogen werden - auch einen Beitrag von 0.1% zum BIP leisten. 

Für ein kleines Land wie die Schweiz sorgen die Einnahmen für Schwankungen des BIP, die nichts mit dem eigentlichen Konjunkturverlauf zu tun haben. Auch auf die Beschäftigung haben diese Schwankungen nur marginale Effekte. 

Ein BIP ohne Sporteventbereinigung kann den Konjunkturverlauf verschleiern

Aus diesem Grund berechnet die KOF grundsätzlich neben dem klassischen BIP auch das sport-bereinigte BIP. Letzteres ist für die Konjunkturbeobachtung sogar relevanter. Ohne die Bereinigung würden die aktuellen Zahlen einen deutlichen Aufschwung andeuten (von 1% BIP-Wachstum in diesem Jahr auf fast 2% Wachstum im nächsten Jahr), den es so – unter anderem aufgrund des Zollkonflikts – nicht gibt. Das BIP mit Sportereignissen geht hoch und runter und ist deshalb schwer zu interpretieren.

Keine grossen makroökonomischen Impulse durch die Frauen-EM

Der Konjunktureffekt der Frauen-Fussball-EM in der Schweiz ist übrigens – ähnlich wie der von Konzerten grosser Popstars hierzulande oder der ESC in Basel – nur marginal. «Es wurden keine grossen zusätzlichen Bauprojekte realisiert und auch der Tourismuseffekt ist überschaubar», so Rathke. Die EM werde allenfalls lokal Impulse an den Spielorten geben, aber kaum Auswirkungen auf makroökonomischer Ebene haben.  

«Es gibt kurze Wege, eine funktionierende Infrastruktur und es bleiben keine Bauruinen zurück wie etwa bei den Fussball-Weltmeisterschaften in Südafrika oder Brasilien.»
Alexander Rathke, KOF Ökonom, über die Frauenfussball-EM in der Schweiz.

Der für die EM von der UEFA budgetierte Umsatz beträgt knapp 130 Mio. Euro. Das ist zwar etwa doppelt so viel, wie noch bei der erfolgreichen Frauen-EM in England 2022, fällt aber im Vergleich zu dem Umsatz von 3 Mrd. Euro der Herren-EM in Deutschland im letzten Jahr noch gering aus.

Trotzdem sei die Schweiz ein guter Spielort für das Turnier. «Es gibt kurze Wege, eine funktionierende Infrastruktur und es bleiben keine Bauruinen zurück wie etwa bei den Fussball-Weltmeisterschaften in Südafrika oder Brasilien», so Rathke.   

Grafik FIFA IOC

Die Grafik zeigt die Einahmen vom IOC und der FIFA im Zeitverlauf.

Kontakt

Dr. Alexander Rathke
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
  • LEE G 303
  • +41 44 632 86 23

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert