KMU von erster Corona-Welle am meisten betroffen

Die KOF hat mit Hilfe sogenannter Web-Scraping- und Text-Mining-Methoden die Effekte der Corona-Krise auf Schweizer Firmen untersucht. Die Studie kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass in der ersten Corona-Welle Produktionsprobleme vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen auftraten, während in der zweiten Welle grössere Unternehmen stärker betroffen waren.

Die KOF hat im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) die Konsequenzen der Corona-Pandemie für Schweizer Unternehmen untersucht. Die Analyse der Studienautoren Michael König, Jakob Rauch, Parnian Shakar und Martin Wörter basiert auf Web-Scraping- und Text-Mining-Methoden. Mit diesem modernen methodischen Ansatz wurden Unternehmenswebseiten durch ein Algorithmus-basiertes Analyseverfahren ausgewertet und mit Umfragedaten der KOF und nationalen Statistiken, beispielsweise zur Kurzarbeit, ergänzt und abgeglichen.

Ein zentrales Ergebnis der Studie mit dem Titel «How were Companies Affected During the First and Second Waves of the Corona Pandemic in Switzerland?» ist, dass in der ersten Corona-Welle Produktionsprobleme vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen auftraten (bei fast 10%), während in der zweiten Welle grössere Unternehmen stärker betroffen waren. Zudem war gemäß den Webseitendaten und dem Kurzarbeitsbezug das Tessin in der ersten Welle die am stärksten betroffene Region der Schweiz, während in der zweiten Welle regionale Unterschiede weniger ausgeprägt waren.

Weiter stellen die Studienautoren fest, dass die Erwähnungen von Corona-Problemen auf Unternehmenswebseiten positiv mit dem Bezug von Kurzarbeit und der Reduzierung der Arbeitsplatzpräsenz und negativ mit Infektionen (eventuell aufgrund verzögerter Effekte) korreliert sind, während die Untersuchung keine Korrelation zwischen der Erwähnung von Corona-Problemen und Konkursen findet.

Gastronomie, Luftverkehr und Freizeitsektor als Krisenverlierer

Auf Branchenebene zeigen Daten zur Kurzarbeit, dass die direkt betroffenen Branchen wie Lebensmittel- und Getränkedienstleistungen, Luftverkehr, Beherbergung oder Kunst, Unterhaltung und Freizeit am stärksten von der Krise betroffen sind. Die Umfrage- und Webseitendaten ergänzen dieses Ergebnis, da sie zeigen, dass auch produzierende Branchen, die über eingeschränkte Home-Office Möglichkeiten verfügen und Vorleistungen für direkt betroffene nachgelagerte Branchen produzieren, mit Produktionsproblemen konfrontiert sind.

Unternehmen mit guter digitaler Infrastruktur resistenter

Bei der Analyse der Widerstandsfähigkeit und der Anfälligkeit für Produktions-, Liefer- oder Einkaufsprobleme aufgrund der Corona-Pandemie kommen die Studienautoren zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, die von der ersten Welle der Pandemie stark betroffen waren, typischerweise einem starken Preiswettbewerb ausgesetzt sind, exportintensiv sind und Schwierigkeiten bei der Lieferung der Waren haben, die online bestellt wurden. Im Gegensatz dazu sind forschungsaktive Unternehmen, Unternehmen in ausländischem Besitz und Unternehmen mit guter digitaler Infrastruktur weniger betroffen und zeigten daher eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber den Corona-induzierten wirtschaftlichen Turbulenzen.

Text-Mining-Methode bewährt sich – hat aber auch ihre Schwächen

Eine wichtige methodische Schlussfolgerung der Studie ist, dass Unternehmenswebseiten als wertvolle Informationsquelle für die wirtschaftliche Leistung und das Verhalten auf Unternehmensebene genutzt werden können. Allerdings ist die angewandte Methode mit einigen Vorbehalten behaftet. Größere Unternehmen haben in der Regel auch größere Websites und neigen dazu, sie häufiger zu aktualisieren. Daher sind größere Unternehmen in einer Webscraping-Stichprobe tendenziell stärker vertreten. Darüber hinaus stellen die Studienautoren fest, dass in bestimmten Sektoren wie dem Bank- und Finanzwesen oder dem Energiesektor Unternehmen aus branchenspezifischen Gründen auf ihren Websites häufiger negative Äußerungen zur Corona-Pandemie machen. Dies bedeutet, dass die Unterschiede zwischen den Sektoren berücksichtigt werden müssen, bevor irgendwelche allgemeinen Schlussfolgerungen gezogen werden können.

Die ganze Studie (auf Englisch mit deutscher, französischer und italienischer Zusammenfassung) finden Sie externe Seitehier

Kontakte

Prof. Dr. Martin Wörter
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
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KOF Konjunkturforschungsstelle
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8092 Zürich
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Dr. Michael David König
  • LEE G 224
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KOF FB Innovationsökonomik
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