KOF Konjunkturprognose, Frühjahr 2017: Weitere Erholung der Schweizer Wirtschaft
Die Schweizer Wirtschaft befindet sich in einer recht soliden Verfassung und die Wachstumsaussichten sind positiv – nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Erholung im Euroraum. Trotz dieser Entwicklung dürfte die Arbeitslosenquote wegen des schleppenden Beschäftigungsaufbaus kaum zurückgehen. Die Teuerung befindet sich wieder im positiven Bereich, es sind aber keine starken Preisanstiege zu erwarten.
Internationale Konjunkturentwicklung
Die globale Konjunktur nahm nach einem verhaltenen Auftakt im vergangenen Jahr wieder an Fahrt auf. Insbesondere die entwickelten Volkswirtschaften verzeichneten in der zweiten Jahreshälfte 2016 kräftigere Zuwächse, gestützt von robusten privaten Konsumausgaben und einer in vielen Ländern expansiveren Fiskalpolitik. Die Investitionstätigkeit war hingegen weiterhin schwach und auch die Exportdynamik blieb verhalten. Die US-amerikanische Wirtschaft überwand ihre Schwächephase; sie befindet sich wieder in einem robusten Aufschwung. In den Volkswirtschaften der EU setzte sich der moderate Aufschwung fort, vor allem dank der positiven Entwicklung in Deutschland, Spanien und den Niederlanden. Auch die wirtschaftliche Entwicklung im Vereinigten Königreich sorgte, unbeirrt von der «Brexit»-Entscheidung, für beträchtliche Wachstumsbeiträge. Die Dynamik in Frankreich und in Italien blieb hingegen schwach. Die japanische Volkswirtschaft entwickelte sich positiv. Die Konjunktur in China wurde von fiskalischen Impulsen gestützt. Mit dem Strukturwandel zu einem konsumgetriebenen und dienstleistungsbasierten Wachstum dürfte sich der Trend zu graduell niedrigeren Wachstumsraten weiter fortsetzen.
Verfügbare Indikatoren deuten auf eine steigende Zuversicht in den entwickelten Volkswirtschaften hin, während die Erwartungen in den Entwicklungs- und Schwellenländern verhalten bleiben. Die gestiegenen Rohstoffpreise dürften jedoch eine belebende Wirkung für diese Regionen haben. Das politische Umfeld bleibt unsicher. Der Aufstieg von rechtspopulistischen und eurokritischen Kräften im Vorfeld der Wahlen in Frankreich und die politische Unsicherheit in Italien könnten die Finanzmärkte verunsichern und wieder zu erhöhten Risikoaufschlägen auf Staatsanleihen im Euroraum führen.
Schweizer Konjunkturentwicklung
Angesichts der anziehenden Wirtschaftsleistung im europäischen Raum und der sich stabilisierenden wirtschaftlichen Lage in den Schwellenländern sollte sich die Nachfrage nach Schweizer Gütern und Dienstleistungen verhalten positiv entwickeln (2017: 2%). Wie bereits im vergangenen Jahr dürfte der Schweizer Aussenhandel auch in diesem Jahr stark geprägt von der Exportentwicklung der pharmazeutischen Produkte sein. Die Importe dürften im Windschatten der stärkeren Exportentwicklung ebenfalls wachsen.
Die Importentwicklung und noch stärker die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen sind von Sonderfaktoren wie dem Import von Flugzeugen und Rollmaterial geprägt. Die konjunkturelle Erholung sollte zu langsam steigenden Investitionen führen. Ebenfalls wieder Tritt fassen dürften die Bauinvestitionen (2017: 1.1%) nach einer Stagnation im vergangenen Jahr.
Insgesamt geben die verfügbaren Konjunkturindikatoren der KOF, u.a. das Konjunkturbarometer sowie die Konjunkturumfragen, nunmehr Anlass für eine etwas optimistischere Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung, nach einer für viele Schweizer Unternehmen schwierigen Zeit. Für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung rechnet die KOF mit Wachstumsraten des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1.5% in diesem und 1.9% im nächsten Jahr.
Der Aufwärtsdruck auf den Schweizerfranken hält an. In jüngster Zeit schwankte der Kurs des Schweizerfrankens gegenüber dem Euro zwischen 1.06 und 1.08 CHF/EUR. In ihrer neuen Prognose geht die KOF davon aus, dass der Kurs auf einem Niveau von 1.07 CHF/EUR verbleibt.
Aufgrund des starken Frankens sind die Margen der Unternehmen weiterhin unter Druck. Dieser Druck in jenen Wirtschaftsbereichen, die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, wird weitere Rationalisierungen zur Folge haben. Deswegen sind steigende Beschäftigtenzahlen praktisch nur in personalintensiven und geschützten Branchen wie dem Unterrichtssektor sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen zu erwarten. Insgesamt wird das Beschäftigungswachstum vergleichsweise gering ausfallen und die registrierte Arbeitslosigkeit dürfte auf dem heutigen Niveau verbleiben (2017 und 2018: 3.3%). Für die international vergleichbare Arbeitslosenquote gemäss ILO-Definition, die auch die nicht amtlich registrierten Arbeitslosen umfasst, erwartet die KOF einen geringfügigen Anstieg von 4.6% in diesem Jahr auf 4.7% im Jahr 2018.
Aufgrund der schleppenden Arbeitsmarktentwicklung und der negativen Preisentwicklung im vergangenen Jahr bleibt die Lohnentwicklung schwach. Angesichts dessen und wegen des anhaltend starken Frankens wird die Teuerung kaum zulegen. Für dieses Jahr erwartet die KOF einen Anstieg der Konsumentenpreise (2017: 0.3%), der auf etwas höheren Preisen von Erdölprodukten gegenüber dem Vorjahr sowie temporär höheren Preisen für Frischeprodukten beruht. Ein breiter Teuerungsdruck ist im Inland in der nächsten Zeit aber nicht auszumachen.
Die tiefen Zinsen im Euroraum stehen weiterhin einer Reduktion der negativen Kurzfristzinsen in der Schweiz im Weg, so dass diese Zinsen erst nach Ende des Prognosehorizonts 2018 wieder steigen dürften. Die Langfristzinsen dürften aber schon früher ansteigen; voraussichtlich werden sie Anfang 2018 wieder positiv werden.
Entwicklung der Branchen
Für das vergangene Jahr zeigen die Quartalsschätzungen ein uneinheitliches Bild der Konjunkturentwicklung. Das Wachstum der Produktion war im letzten Jahr mit 1.3% verhalten. Der Detail- und Grosshandel trug leicht unterdurchschnittlich zur Wirtschaftsentwicklung bei. Der Detailhandel litt weiterhin unter dem starken Franken, der zu erheblichen Umsatzeinbussen geführt hat. Zwar steigen die Auslandseinkäufe in jüngster Zeit nicht mehr an, eine Abnahme zeichnet sich aber auch nicht ab. Die reale Wertschöpfung im Transithandel (als Teil des Grosshandels) erhöhte sich im letzten Jahr mit mehr als 10% schwächer als in den beiden Vorjahren (20% bzw. 16%).
Den stärksten Zuwachs verzeichnete im letzten Jahr das Gesundheits- und Sozialwesen. Mit einem Wachstum von 4.8% ist der Anteil dieser Branche an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung auf 7.9% gestiegen. Für den Arbeitsmarkt ist die Branche noch wichtiger: 14.1% der Beschäftigten bzw. 12.4% der vollzeitäquivalenten Beschäftigung entfiel im letzten Jahr auf das Gesundheits- und Sozialwesen.
Das Gesundheits- und Sozialwesen wird im Prognosezeitraum weiterhin robust wachsen. Der Handel insgesamt wird nach einem sehr schwachen Halbjahr 2016 in diesem und insbesondere im kommenden Jahr die Wertschöpfung steigern können. Im Gastgewerbe wird sich nach den schwierigen Jahren die Situation nun allmählich stabilisieren. Im Bereich Finanzdienstleistungen und bei den Versicherungen wird sich die Geschäftstätigkeit in diesem und im kommenden Jahr lebhaft entwickeln.