Breit abgestützter Aufschwung

Die Schweizer Wirtschaft befindet sich in einem Aufschwung. In diesem Jahr erreicht sie eine hohe BIP-Wachstumsrate von 2.5%; auch für 2019 rechnet die KOF mit einer relativ günstigen Wirtschaftsentwicklung. Allerdings geht ein Teil des Anstiegs auf Lizenzeinnahmen aus Sportveranstaltungen zurück, die wenig mit der eigentlichen Konjunkturentwicklung zu tun haben. Erfreulich ist die Arbeitsmarktentwicklung: Die Arbeitslosenquote sinkt leicht. Die Inflation dreht langsam in den positiven Bereich.

Das internationale Umfeld

Das vergangene Jahr kann als ein erfolgreiches Jahr für die Weltwirtschaft bezeichnet werden, auch wenn der Aufschwung gegen Ende des letzten Jahres etwas an Dynamik eingebüsst hat. Der Welthandel nahm 2017 um deutliche 4.5% zu, nach einer fünfjährigen Periode mit Wachstumsraten um die 2%. Die Preise für Energieträger und sonstige Rohstoffe zogen im Verlauf des Jahres an, ohne die Konsumentenpreise stark zu tangieren. Für das laufende Jahr ist zu erwarten, dass die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen etwa im gleichen Ausmass wie im letzten Jahr anheben wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte den Nettoankauf von Anleihen in diesem Jahr auf null zurückfahren, den ersten Zinsschritt aber erst im kommenden Jahr durchführen. Die KOF rechnet damit, dass die starke Dynamik der Weltwirtschaft im Prognoseverlauf graduell abnehmen wird.

Die Schweizer Konjunkturentwicklung

Die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz verläuft zurzeit äusserst erfreulich. Sowohl die auslands- als auch die binnenorientierten Sektoren wachsen stark. Die KOF sieht als Hauptgründe dieser positiven Entwicklung die verbesserte wirtschaftliche Lage der wichtigsten Handelspartner sowie den gegenüber dem Euro schwächeren Franken. Letzteres hatte vor allem zur Folge, dass die exportierenden Unternehmen ihre Margen steigern konnten. Die KOF erwartet für das laufende Jahr eine gegenüber der letzten Prognose vom Dezember 2017 höhere Wachstumsrate des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 2.5%. Ein Teil dieses Anstiegs hat allerdings mit der eigentlichen Konjunkturentwicklung in der Schweiz wenig zu tun, sondern ist der Tatsache geschuldet, dass die Schweiz Standort einiger gewichtiger internationaler Sportverbände (IOC, FIFA etc.) ist. Erhebliche Teile der (Lizenz-)Einnahmen aus internationalen Grossanlässen, wie beispielsweise aus den Olympischen Spielen in Südkorea, fliessen in das schweizerische BIP. Die KOF schätzt die damit verbundene zusätzliche Wertschöpfung auf etwa 0.3% des BIP. Da nächstes Jahr keine sportlichen Grossveranstaltungen stattfinden, fällt auch das Wirtschaftswachstum tiefer aus. Bereinigt um die Effekte der Sportveranstaltungen, ist die für 2019 prognostiziere BIP-Wachstumsrate jedoch kaum schwächer als die für dieses Jahr.

Es ist aufgrund dieses Sondereffekts nicht gänzlich verwunderlich, dass die Beschäftigtenzahl eher wenig zulegt und die Arbeitslosenquote gemäss International Labour Organization (2018: 4.6%) etwas langsamer abnimmt, als angesichts des BIP-Wachstums zu erwarten wäre. Dadurch entsteht auch kein nennenswerter Druck zu Lohnerhöhungen und die Auswirkungen auf die Arbeitskosten bleiben moderat. Der schwächere Wechselkurs des Frankens gegenüber dem Euro und der etwas höhere Preis für Erdöl dürften jedoch dazu führen, dass die Inflationsrate dieses Jahres auf 0.7% steigt. Sie sollte aber auf diesem immer noch tiefen Niveau verbleiben und sich in der Folge sogar etwas abschwächen. Vom Preisauftrieb her besteht somit kein Bedarf für eine restriktivere Geldpolitik. In der momentanen Situation erwartet die KOF, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zinspolitik der EZB nachvollziehen wird, um die übliche Zinsdifferenz zu den Euroanlagen aufrechtzuerhalten.

Die Ausrüstungsinvestitionen wachsen dieses Jahr robust, ebenso die Bauinvestitionen. Allerdings ist bei Letzteren eine schwächere Entwicklung für das kommende Jahr zu erwarten. Steigende Zinsen dürften sich negativ auf die Bauinvestitionen auswirken. Die Schweizer Exportwirtschaft befindet sich derzeit auf Expansionskurs und wird das auch noch eine Weile bleiben. Ebenfalls hoch dürfte die Nachfrage nach Importen in den kommenden Monaten bleiben.

US-Politik als Unsicherheitsfaktor

Die US-amerikanische Regierung unter Präsident Trump stellt derzeit sowohl durch ihre Handels- als auch ihre Steuerpolitik einen Unsicherheitsfaktor für die Konjunkturentwicklung dar. Zwar dürften die bisher beschlossenen Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte keine spürbaren direkten gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen auf Europa haben, da die USA vergleichsweise wenig Rohmetalle aus Europa importieren. Kurzfristig dürfte Europa durch einen ausgeweiteten Handelskonflikt deutlich stärker beeinträchtigt werden als die USA, denn die europäische Konjunktur wird derzeit stark von den Exporten getragen. Auch die zuletzt hohe Investitionsdynamik könnte beeinträchtigt werden, falls sich die Exportaussichten deutlich verschlechtern.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die schwer abzuschätzenden Auswirkungen der kürzlich beschlossenen US-Steuerreform. Kurzfristig dürfte diese sowohl den lokalen privaten Konsum als auch die Investitionstätigkeit befeuern. Durch die zusätzliche Nachfrage werden kurzfristig auch europäische Unternehmen in Form von höheren Exporten profitieren (sofern keine weiteren Importbeschränkungen ergriffen werden). Da die US-Wirtschaft bereits jetzt eine hohe Kapazitätsauslastung aufweist, werden die realwirtschaftlichen Impulse aus der Steuerreform im Prognosezeitraum wohl immer mehr abnehmen, währenddessen der Druck auf die Konsumenten- und Vermögenspreise zunehmen wird. Entsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen schneller erhöht als bisher angenommen. Eine überraschende Korrektur des Zinspfades birgt das Risiko von Verwerfungen an den internationalen Finanz- und Währungsmärkten mit möglicherweise erheblichen negativen Auswirkungen auf die globale Konjunktur.

Die US-Steuerreform erhöht die Attraktivität der USA für zusätzliche ausländische Direktinvestitionen. Gleichzeitig werden Hochsteuerländer wie Deutschland oder Frankreich durch die Freistellung der Gewinne ausländischer Tochterunternehmen in den USA relativ weniger attraktiv für US-Direktinvestitionen im Vergleich zu Niedrigsteuerländern wie z.B. Irland. Mittelfristig wird es in Hochsteuerländern daher zu Einbussen kommen, sofern sie nicht den von den USA neu initiierten Steuerwettbewerb aufnehmen und ihrerseits steuerliche Anpassungen vornehmen.

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Yngve Abrahamsen
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