KOF-NZZ Umfrage unter Ökonominnen und Ökonomen: Wirtschaftsforschende befürworten Reform «AHV 21»

Die KOF hat im August gemeinsam mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) Ökonominnen und Ökonomen an Schweizer Hochschulen zum Schweizer Altersvorsorgesystem und der bevorstehenden Abstimmung über die Reform «AHV 21» befragt und 133 Antworten erhalten. Eine klare Mehrheit der Wirtschaftsforschenden befürwortet die Reform aus ökonomischer Sicht (eher).

Ökonomenumfrage

Am 25. September 2022 wird die Schweizer Bevölkerung über die Stabilisierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV 21) abstimmen. Das Referenzalter soll für Männer und Frauen auf 65 Jahre festgelegt werden; für Frauen also ein Jahr höher als bisher. Zudem soll der Übergang vom Erwerbsleben in die Pensionierung flexibler gestaltet werden können und stärkere Anreize zur Weiterführung der Erwerbstätigkeit im Rentenalter gesetzt werden. Die Mehrwertsteuer soll um 0.4 Prozentpunkte auf 8.1% erhöht werden und die zusätzlichen Einnahmen der AHV zufliessen. In der Ökonomenumfrage vom August 2022 wurden Schweizer Wirtschaftswissenschafter gefragt, ob aus ökonomischer Sicht diese Reform im Gesamtpaket (Referenzalter, Flexibilisierungsmassnahmen und Mehrwertsteuererhöhung) überzeugt. 81% der Ökonominnen und Ökonomen, die eine Einschätzung abgaben, beurteilen die Reform als (eher) positiv, 9% als neutral und 9% als (eher) negativ.

Im Jahr 2021 wurde die AHV zu etwa 73% über Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber, zu 20% über Zuschüsse des Bundes, zu 6% über Erträge der Mehrwertsteuer und zu 1% durch übrige Einnahmen finanziert. Gemäss den Prognosen des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) werden die Ausgaben der AHV ohne Reform ab dem Jahr 2025 die Einnahmen übersteigen. Grund dafür ist etwa, dass in den nächsten 25 Jahren der Altersquotient – definiert als die Anzahl Personen im Alter von 65 Jahren und darüber pro 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren – laut einem mittleren Szenario des BSV von 32 auf 46 steigen wird. Welche Massnahme soll in einem solchen Szenario vorwiegend ergriffen werden, um die AHV wieder ins finanzielle Gleichgewicht zu bringen? Mit einem Anteil von 63% sehen die befragten Ökonominnen und Ökonomen eine Erhöhung des ordentlichen Rentenalters als geeignetste Massnahme an. Am zweit- und dritthäufigsten genannt wurden höhere Einnahmen durch höhere Bundesbeiträge oder Mehrwertsteuererträge (14%) oder durch höhere Lohnbeiträge (12%). Weniger zur Debatte stehen dagegen Rentenkürzungen.

Die Altersvorsorge in der Schweiz basiert sowohl auf dem Umlage- (Basis der 1. Säule, AHV) als auch auf dem Kapitaldeckungsverfahren (Basis der 2. Säule, Pensionskasse). 63% der befragten Volkswirte sehen die momentane Gewichtung zwischen diesen beiden Elementen als nahezu optimal an. Bei den restlichen Volkswirten überwiegt die Ansicht, dass die Pensionskasse im Gegensatz zur AHV gestärkt werden soll.

Mindestumwandlungssatz und Rentenalter sollen Automatismus folgen

Bei der zweiten Säule (Pensionskasse) bestimmt der Mindestumwandlungssatz, wie viel des angesparten Geldes ab dem ordentlichen Rentenalter jährlich als Rente ausbezahlt wird. Im obligatorischen Teil beträgt dieser 6.8% und kann gegenwärtig nur gesetzlich angepasst werden. Eine Mehrheit von 70% der Wirtschaftsforschenden würde es befürworten, wenn der Mindestumwandlungssatz einem Automatismus folgen würde, der etwa die Lebenserwartung und die technische Verzinsung berücksichtigen würde.

Auch das Rentenalter ist gesetzlich verankert. Um dies zu ändern, haben die Jungfreisinnigen eine Initiative lanciert (aktuell beim Parlament hängig), welche vorsieht, dass das Rentenalter automatisch an die Entwicklung der Lebenserwartung der schweizerischen Wohnbevölkerung angepasst werden würde. Während 59% der Umfrageteilnehmenden im Grundsatz einer regelbasierten Anpassung zustimmen würden, bevorzugen 41% eine gesetzliche Anpassung.

SNB-Ausschüttungen sollen nicht der AHV gutgeschrieben werden

Eine weitere Initiative, die die AHV betrifft, befindet sich im Moment im Sammelstadium: Die SNB-Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes fordert, dass bei einem hohen Bilanzgewinn der Schweizerischen Nationalbank ein Teil davon dem Ausgleichsfonds der AHV gutzuschreiben ist. Die bisherige Ausschüttung an Bund und Kantone würden davon unberührt bleiben. Aus ökonomischer Sicht würde eine Mehrheit der Befragten von 63% diese Initiative ablehnen. 30% sehen die Initiative dagegen als vorteilhaft an und 7% sind indifferent.  

Die KOF-NZZ-Ökonomenumfrage behandelt für die Schweiz wirtschaftspolitisch relevante Themen und ist ein Instrument, um die Ansichten der akademisch forschenden Ökonomen und Ökonominnen in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Medienpartner der KOF bei der Erstellung und Interpretation der Ökonomenumfrage ist die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Im August führte die KOF gemeinsam mit der NZZ eine Umfrage zum Schweizer Altersvorsorgesystem und der Reform «AHV 21» durch. 906 Ökonomen und Ökonominnen wurden angeschrieben. Es gingen Antworten von 133 Ökonominnen und Ökonomen aus 17 Institutionen ein.  

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