
Viele Unternehmen wollen mehr investieren – Umweltprojekte bleiben auf der Strecke
Die halbjährliche KOF Investitionsumfrage offenbart grosse Unterschiede in den Investitionserwartungen der Schweizer Unternehmen zwischen den Branchen. Die Investitionspläne für das laufende Jahr sind nur im Dienstleistungssektor zuversichtlich, in der Industrie stagnieren sie und im Baugewerbe sind sie sogar rückläufig. Der Rückgang geht einher mit risikoärmeren Investitionszwecken und einem geringeren Fokus auf Umweltschutzmassnahmen.
Die Schweizer Unternehmen wollen im laufenden Jahr mehr investieren als im Vorjahr. Das zeigen die Ergebnisse der KOF Investitionsumfrage vom Frühjahr 2024. Demnach rechnen die Umfrageteilnehmenden für 2024 mit einer Zunahme der Anlageinvestitionen um nominal 8%. Dies entspricht einem leicht unterdurchschnittlichen Investitionswachstum im Vergleich zum Wachstum, das jeweils im Frühling für das laufende Jahr erwartet wird. Gegenüber der vorangegangenen Umfrage im Herbst 2023 haben sich die Erwartungen der Unternehmen für das Jahr 2024 nicht verändert.
Auch wenn die Investitionsplanungen für die Gesamtwirtschaft damit zuversichtlich sind und sogar leicht über dem Vorjahreswachstum von 7% liegen, zeigen sich grosse Unterschiede zwischen den Branchen. Die positiven Investitionserwartungen sind vor allem auf den Dienstleistungssektor zurückzuführen, wo die Unternehmen ein nominales Wachstum von 12% erwarten. Insbesondere die Unternehmen aus den Bereichen Verkehr (+28%) und Versicherungen (+14%) rechnen für 2024 mit einem kräftigen Investitionsschub im Vergleich zum Vorjahr. In den anderen Branchen sind die Pläne dagegen deutlich zurückhaltender. Das Verarbeitende Gewerbe rechnet für das laufende Jahr mit einer Stagnation des Investitionswachstums. Und die Unternehmen des Baugewerbes wollen ihre Investitionen sogar um 4% zurückfahren.
Ausrüstungsinvestitionen sind in der Industrie und im Baugewerbe rückläufig
Die geplanten Investitionsausgaben sollen vermehrt in den Neu- und Umbau von Betriebs- und Geschäftsgebäuden fliessen. Die Unternehmen rechnen mit einem nominalen Anstieg der Bauinvestitionen um 10%, nach einem Plus von 11% im vergangenen Jahr. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen im laufenden Jahr um 7% zulegen. Allerdings rechnet nur der Dienstleistungssektor mit einem Investitionswachstum (+10%). In der Industrie (–2%) und im Baugewerbe (–4%) dürften die Ausrüstungsinvestitionen im Jahr 2024 zurückgehen.
Im kommenden Jahr dürfte sich das Investitionswachstum weiter verlangsamen (siehe Grafik G 4). Dies gilt für alle Investitionskategorien. Während für das laufende Jahr noch 39% der Unternehmen eine Steigerung ihrer Ausrüstungsinvestitionen gegenüber dem Vorjahr erwarten, sind es für das kommende Jahr nur noch 23%. Auch der Anteil der Unternehmen, deren Bauinvestitionen steigen sollen, sinkt von 40% in diesem Jahr auf 26% im nächsten Jahr.
Investitionshemmende Unsicherheit nimmt zu
Die Sicherheit der Unternehmen, ihre Investitionspläne im laufenden Jahr realisieren zu können, hat im Vergleich zur Einschätzung im Vorjahr per saldo abgenommen (siehe Grafik G 5). Im Frühjahr 2024 beurteilten rund 85% der Unternehmen ihre Investitionspläne für 2024 als sicher oder sehr sicher (gegenüber 90% im Frühling 2023). Umgekehrt ist der Anteil der Unternehmen, die ihre Investitionspläne als unsicher oder sehr unsicher einschätzten, von 10% im Frühling 2023 auf 15% im Frühling 2024 gestiegen. Damit hat die investitionshemmende Unsicherheit insgesamt zugenommen und bleibt per saldo höher als vor der Pandemie.
Diese Unsicherheit geht mit einer Zurückhaltung einher, die sich auch in den Investitionsabsichten der Unternehmen widerspiegelt. Für die meisten Unternehmen (89%) dienen die Investitionen nach wie vor dem Ersatz bestehender Anlagen. Demgegenüber hat die Bedeutung von Investitionen zur Erweiterung der Produktion oder Leistungserstellung deutlich abgenommen. In diesem Jahr wollen noch 61% der Unternehmen ihre betrieblichen Kapazitäten erweitern (gegenüber 69% im Frühling 2023). Gleichzeitig haben Rationalisierungsinvestitionen leicht an Bedeutung gewonnen: 36% der befragten Unternehmen wollen in diesem Jahr entsprechende Investitionen tätigen (gegenüber 34% im Frühling 2023). Diese Absichten spiegeln allesamt Tendenzen zu risikoarmen Investitionen wider, die weder die Betriebsgrösse erhöhen noch zu einer Erhöhung der Kapitalbindung führen.
Weniger Unternehmen planen Klimainvestitionen
Darüber hinaus haben Investitionen für den Umweltschutz oder zur Erfüllung gewerberechtlicher Auflagen erstmals seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2015 an Bedeutung verloren. Sowohl im laufenden als auch im kommenden Jahr planen noch rund 42% der Unternehmen entsprechende Investitionen. Im Frühling 2023 lag der entsprechende Anteil noch bei 54%. Die unmittelbare Dringlichkeit von Klimainvestitionen zur Bewältigung physischer Risiken wird von den Unternehmen geringer eingeschätzt. Insgesamt sehen sich 24% der Unternehmen grossen physischen Risiken durch den Klimawandel ausgesetzt. Im Frühling 2023 schätzten noch 29% der Unternehmen den Einfluss des Klimawandels und damit möglicherweise verbundener Wetterereignisse als gross ein.
Dementsprechend ist der Anteil der Unternehmen, die in den nächsten drei Jahren keine Investitionen planen, um den Auswirkungen von Wetterereignissen zu begegnen und den CO2-Ausstoss zu reduzieren, von 22% im Vorjahr um fast ein Drittel auf 29% in diesem Jahr gestiegen. Dennoch sehen sich die Unternehmen zunehmend Transitionsrisiken ausgesetzt. Mit 30% sieht ein wachsender Anteil der Unternehmen den Übergang zu strengeren Klimastandards und -vorschriften in den nächsten fünf Jahren eher als Risiko denn als Chance. Im Frühjahr 2023 lag dieser Anteil noch bei 24%. Insbesondere der Einfluss der Anpassungsmassnahmen auf die Marktnachfrage wird weniger positiv eingeschätzt.
Zur Umfrage:
Die konjunkturelle Entwicklung wird durch die Investitionstätigkeit der Unternehmen stark beeinflusst. Aus diesem Grund führt die KOF jeweils im Frühling und im Herbst eine Umfrage bei inländischen Unternehmen durch.
Die Umfrage im Frühling 2024 wurde vom 19. Februar bis zum 19. Mai 2024 durchgeführt. Im Rahmen dieser Umfrage wurden 5546 Firmen angeschrieben und 2478 haben geantwortet. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 45%.
Ansprechperson
KOF FB Konjunkturumfragen
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